Einer Reihe ländlich gelegener Museen geht es schlecht. Experten bemängeln die Passivität des Landes.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Mengen - Was in der oberschwäbischen Stadt Mengen Ende 2015 geschehen ist, lässt sich mit ein wenig Sinn für Dramatik als eine doppelte Niederlage schildern. Vor bald 2000 Jahren mussten die römischen Truppen ihr Grenzkastell im heutigen Mengener Stadtteil Ennetach aufgeben. Schließlich wurden am selben Ort auch die Freunde und Erbbewahrer der alten Römer endgültig geschlagen; aber nicht durch äußere Feinde oder innere Intrigen, sondern durch die Teilnahmslosigkeit eines Publikums, auf dessen Interesse stets gehofft wurde, das sich aber nie ausreichend eingestellt hat.

 

Das Römermuseum ist Geschichte

Nun ist das Römermuseum Mengen-Ennetach im Kreis Sigmaringen selbst wieder Geschichte. Die Erschütterungen sind immer noch messbar. Ein „Affront“ sei der Beschluss „gegenüber allen staatlichen Geldgebern“, schrieb der Präsident des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Jan Merk, 2016 in einer kritischen Stellungnahme – der ersten geharnischten überhaupt in der Geschichte des Verbandes. Auch jetzt noch kann der Verband kein Verständnis für die Schließungsentscheidung des Mengener Gemeinderats aufbringen. Die Museumspleite stehe für eine unselige Tendenz, „wo Museen vor allem mit einer touristischen Intention gegründet worden sind“, so Merk.

Ein jährliches Defizit von 150 000 bis 200 000 Euro, das sei nicht mehr verantwortbar gewesen, erinnert der Mengener Bürgermeister Stefan Bubek (CDU). Weniger als 4000 Besucher seien pro Jahr gezählt worden, das sei so gewesen, als hätte man jedem „noch 50 Euro in die Hand gedrückt“. Schon vor Jahren habe er einen „Bettelbrief“ ans Land geschrieben. „Der wurde noch nicht einmal beantwortet.“

Die Mengener Gemeinderäte sind nicht die ersten, die ihr Kommunalmuseum so sehr lieben wie einen Mühlstein um den Hals. Im Dezember 2012 kündigte die von Mengen nicht weit entfernte Gemeinde Herbertingen auf Ratsbeschluss hin sämtliche Miet- und Gestattungsverträge zum Betrieb des Freilichtmuseums Heuneburg. Das „schwäbische Troja“ hatte der Kommune ebenfalls ein Minus von rund 150 000 Euro beschert. Nach langen Verhandlungen in frostiger Atmosphäre sprang das Land ein und übernahm alle baulichen Unterhaltungskosten des Museums. Herbertingen war damit raus.

Schließung in Ellwangen knapp verhindert

In Ellwangen (Ostalbkreis) hat im Jahr 2010 eine hauchdünne Ratsmehrheit die Schließung des 2001 eröffneten Alamannenmuseums verhindert. Ein jährliches Defizit von 170 000 Euro hatte Teilen der Ortspolitik jedwede Solidarität mit der Kulturstätte geraubt. Die Rettung wurde erkauft, indem die Öffnungszeiten auf täglich drei Nachmittagsstunden reduziert wurden. Noch radikaler handhabt das die Stadt Laupheim (Kreis Biberach) mit ihrem Museum zur Geschichte von Christen und Juden. Im Dezember 2007 hatte es Kritik aus dem Stuttgarter Haus der Geschichte am finanziellen Engagement der Stadt fürs Museum gegeben. Per Kooperationsvertrag drang das Land auf eine „professionelle Betreuung des Museums vor Ort“, so der damalige Kunststaatssekretär Dietrich Birk. Heute sind die Öffnungszeiten kaum mehr wahrnehmbar. Geöffnet ist samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr.

Erst hochfliegende Reden zur Eröffnung und dann die schleichende Ernüchterung; so kam es auch in Mengen. In 15 Jahren erhielt das Römermuseum unter anderem den Archäologie-Preis Baden-Württemberg. Es errang 2006 den Sieg im Wettbewerb „Vorbildliches Heimatmuseum im Regierungsbezirk Tübingen“. Der Landkreis Sigmaringen zeichnete das Museum beim Wettbewerb „Vorbildliches Bauen“ aus. Der vorübergehende Ruhm war auch mit Steuergeldern erkauft. Von den Bau- und Ausstellungskosten des Museums in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro stammten 500 000 Euro aus dem EU-Fördertopf Leader II. Doch dann sei die Geschichtsstätte „zum Spielball kurzfristiger Überlegungen und Experimente“ geworden, so Jan Merk. Die Entscheidung für ein Museum sei aber „eine politische Grundsatzentscheidung, ob man Kulturgüter bewahren will“. Es gehe nicht an, so ein Projekt fallen zu lassen, sobald die öffentlichen Zuschüsse aufgebraucht seien. Mengen hatte sich exakt zu dem Zeitpunkt vom Museum verabschiedet, als die 15-jährige Rückzahlungsfrist für die EU-Gelder ausgelaufen war.

Bau steht nun zum Verkauf

Das ärgert auch Emmanuel Frank, den Geschäftsführer der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben mit Sitz in Sigmaringen. Er spricht von einem „Rückschlag“ für die Bemühungen, Kulturfördermittel auch für den ländlichen Raum einzuwerben. Das Beispiel Mengen werde auf höherer politischer Ebene sehr wohl registriert.

Hätte die Landesregierung eine zentrale Abstimmungsstelle zur Vergabe von Fördergeldern bei Museumsneugründungen, es wäre ein Segen, sagt Verbandspräsident Merk. Dann könnten „realistische Erwartungshaltungen“ entwickelt werden. In Mengen haben sie das Thema indessen abgehakt. „Bei uns vor Ort hat das überhaupt keine Resonanz ausgelöst“, sagt Bürgermeister Bubek zur Schließung vor einem Jahr. Aktuell werde überlegt, das preisgekrönte leer stehende Museumsgebäude zum Verkauf anzubieten.