Die Regionalräte und Kommunen suchen einen gemeinsamen Nenner zur Ausgestaltung der Kulturregion. Dabei geht es nicht nur ums Geld.  

Stuttgart - Ende Juli ist der Optimismus ungebrochen. "Kulturregion nimmt Kurs auf", überschreiben die Regionaldirektorin Jeannette Wopperer und Ostfilderns Oberbürgermeister Christof Bolay, der Vorsitzende des Vereins Kulturregion ist, eine Mitteilung. Seitdem hat der renommierte Kulturexperte Professor Oliver Scheytt mehr als 100 Akteure in regionalen Kultur befragt und Ende September seine Empfehlungen intern vorgelegt (siehe "Experten schlagen eine neue Strategie vor"). In den nächsten Wochen entscheidet sich damit die Zukunft der Kulturregion und welchen Kurs sie einschlägt.

 

Dabei kommt es am Mittwoch zum ersten Schwur: Im für Finanzen zuständigen Wirtschaftsausschuss der Regionalversammlung diskutieren die Regionalräte über das Konzept. Dabei zeichnet sich trotz Meinungsverschiedenheiten in Einzelfragen eine Mehrheit für das Papier ab - und auch dafür, den jährlichen Zuschuss der Region von bisher mageren 50.000 auf 250.000 Euro zu erhöhen. Jedenfalls haben das die Sprecher der CDU, der SPD, der Grünen und der Freien Wähler vorab signalisiert. "Ich bin optimistisch", sagt auch die Regionaldirektorin Jeannette Wopperer. Bolay spricht von einer "wichtigen Etappe".

Trotz allem Optimismus gibt es allerdings noch offene Fragen bei der Struktur und der Finanzierung. So schlägt Scheytt die Gründung einer GmbH vor, in der der Verband Region Stuttgart, der Verein Kulturregion als Vertreter der Kommunen und die Regio Stuttgart Marketing und Tourismus GmbH im Verhältnis von 3:3:1 vertreten sind.

Der Einfluss der Touristiker wird aber kritisch gesehen, sie sollen, so ist zu hören, kein Stimmrecht erhalten. Auch die personelle Ausstattung der Geschäftsstelle mit drei hauptamtlichen Mitarbeitern und einem künstlerischen Leiter wird von manchen als zu üppig angesehen. Mit der GmbH-Konstruktion können sich zudem nicht alle Fraktionen anfreunden.

Finanzierung noch nicht sicher

Scheytt schätzt den finanziellen Jahresbedarf auf knapp 400.000 Euro, der durch den Verband Region Stuttgart mit 250.000 Euro und durch Mitgliedsbeiträge der im Verein Kulturregion zusammengeschlossenen Kommunen in Höhe von 150.000 Euro gedeckt werden soll.

Allerdings stehen hinter diesem Modell einige Fragezeichen. Zwar wird es in der Regionalversammlung wohl eine breite Mehrheit für den Zuschuss zu geben, allerdings ist momentan noch nicht sicher, wie die im Verein Kulturrregion zusammengeschlossenen Kommunen ihren Anteil finanzieren. Vorgesehen ist, dass sie wie zuvor rund acht Cent pro Einwohner beisteuern. "Die Grundidee, die Struktur und die Inhalte sind gut", sagt Bolay. "Über die Höhe der Mitgliedsbeiträge müssen wir uns aber noch unterhalten."

Eine entscheidende Rolle kommt dabei der Stadt Stuttgart zu, die der Hauptfinanzier der Kulturregion ist und die durch die Ankündigung, sich aus dem Verein zurückzuziehen, die Strukturdebatte ausgelöst hat. "Wir hoffen, dass Stuttgart dabei bleibt", sagt Bolay. Für Irritationen hat indes ein Schreiben des Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster gesorgt, der zwar eine Beteiligung der Stadt in Aussicht stellte, aber bereits konkrete Inhalte vorgab.

"Das muss partnerschaftlich mit der Region und den anderen Kommunen geklärt werden", mahnte ein Regionalrat. Wopperer hingegen sprach von "guten Ideen, die weiterverfolgt werden sollten". Die städtische Kulturamtsleiterin Susanne Laugwitz-Aulbach verwies darauf, dass im Rathaus darüber noch Gespräche laufen würden.

Experten schlagen eine neue Strategie für die Region vor

Ausgangslage Nach dem angedrohten Rückzug des Hauptfinanziers Stadt Stuttgart stellt der Verein Kulturregion seit einem Jahr seine Struktur auf den Prüfstand und sucht ein Modell für die Zukunft. Die Kulturexperten Oliver Scheytt und Patrick Föhl haben in einem Strategieprozess mit mehr als 100 Akteuren gesprochen und ein Konzept ausgearbeitet, das die Basis der Debatte bildet.

Ziele Die Empfehlungen der Kulturexperten gipfeln in dem Leitsatz: "Das Hauptziel der Kulturregion ist, durch gemeinsame Kulturveranstaltungen und -projekte sowie Kommunikationsmaßnahmen das kulturelle Erscheinungsbild einer lebenswerten Region zu prägen, mit der sich die Bewohner identifizieren und deren künstlerisches Profil Besucher schätzen. Dadurch schafft sie regionalen Mehrwert." Dafür sind drei Bereiche definiert.

Projekt Alle zwei Jahre soll die Kulturregion wie bisher ein Kulturprojekt zu regional bedeutsamen und gesellschaftlichen Themen veranstalten. Allerdings sollen die Kulturschaffenden künftig stärker als bisher eingebunden werden.

Vermarktung Als neue Daueraufgabe soll die Kulturregion das vorhandene Kulturangebot thematisch bündeln und dafür in der Region werben. Dabei wird eine enge Zusammenarbeit mit der Regio-Tourismus-GmbH angestrebt. Ziel ist ein "Marketing aus einem Guss".

Vernetzung Die Kulturregion soll die Kulturschaffenden, die Kommunen und die Bürger besser vernetzen, die Kooperation und den interkommunalen Austausch fördern sowie den Rahmen für einen regionalen Diskurs über Kultur bilden. Das ist ein neues Aufgabenfeld.