Kultur in Gerlingen Das Kunst-Glashaus bleibt ein Traum

Das Projekt der Region für 2020 ist in der Stadt nicht zu stemmen. Die Künstlerin Barbara Ungepflegt wollte in einer Kopie des Buswartehäuschens wochenlang öffentlich wohnen. Erinnerungen an erfolgreiche Kunstprojekte bleiben, auch andernorts.
Gerlingen - Es wäre eine sehr ungewöhnliche Angelegenheit geworden: Eine Frau wohnt in einem Glashaus, mitten in der Stadt neben dem gläsernen Wartehäuschen der Bushaltestelle. Für mehrere Wochen, hinter durchsichtigen Wänden, auf etwa dreieinhalb mal acht Metern. Doch die österreichische Künstlerin Barbara Ungepflegt wird nicht nach Gerlingen kommen. Im Rathaus schafft man den Aufwand nicht. In der Kulturregion nimmt man die Absage gelassen. Für deren Projekt 2020 „Unter Beobachtung – Kunst des Rückzugs“ spreche man zur Zeit mit vielen anderen Kommunen.
Gerlingen hat sich in den Vorjahren schon erfolgreich beteiligt. Ein Zeugnis dafür steht zur Zeit wieder vor dem Rathaus – und wird tagtäglich genutzt: die Röhre. „Terminal“ heißt das Objekt, das die polnische Künstlerin Karolina Halatek 2016 geschaffen hat. Es ist eine Röhre aus Kunststoff, innen beleuchtet, drei Meter im Durchmesser und sechs Meter lang. Kindern ist das Objekt ein willkommener Spielplatz zum Herumtollen, Erwachsene verbinden damit Stilleres. Vor allem abends, wenn es dunkel ist, spült der Wechsel dunkel-hell-dunkel beim Gehen durch die Röhre Gedanken in den Kopf, die mit anderen Sphären als der Hiesigen zusammenhängen. Genau dies hatte Halatek beabsichtigt.
Der Ort des Todes lebt
Dieses Thema stand auch im Mittelpunkt des Kunstprojekts „Ewig anders“ in Ditzingen im vergangenen Jahr. Die Stuttgarter Künstlerin Meike Sander brachte der Bevölkerung den Tod nahe. Auf dem Friedhof wurde ein zentraler Platz von Bürgern gestaltet; Teile davon sind noch erhalten: ein Teich, ein Erdhügel, Skulpturen aus Stein. Eine Gruppe von Bürgern trifft sich jeden ersten Dienstag im Monat in der Marktstraße 24, um weiter daran zu arbeiten. Interessierte sind willkommen, von 15 bis 17 Uhr. Das Projekt über den Ort des Todes lebt sozusagen.
Sehr lebendig hingegen hätte es in dem reproduzierten Glashaus mitten in Gerlingen zugehen können. „Das Projekt sollte ,Airpnp’ heißen“, erläutert Daniela Hamisch von der Kulturregion. Jeder hätte der Künstlerin zuschauen können, was sie so macht tags und nachts, wie sie Gäste empfängt. Ein „Rückzugsort, der kein geschlossener Raum ist“, hätte das sein sollen, „ein Ort, „der spielt mit der Grenze von Privatheit und Öffentlichkeit“. Die Künstlerin hat Erfahrung: Sie lebte bereits in einer Bushaltestelle und auch in einem Speisewagen oder in einer Litfaßsäule.
Das Personal fehlt
Doch das schön überlegte Projekt wird es nicht geben. Zumindest nicht in Gerlingen. Unbesetzte Stellen im Hauptamt, keine Kapazität im Bauamt, Krankheitsfälle im Bauhof – die Hauptamtsleiterin Ulrike Hoffmann-Heer zählte im Kulturausschuss die Kalamitäten auf, die verwaltungsintern zum Beschluss „wir lassen es“ führten. Dabei waren wichtige Fragen wie „wo duscht die Künstlerin?“ (im Rathaus) und „was kostet das?“ (15 000 Euro) geklärt. Der Bürgermeister hätte das Projekt spannend gefunden und dem Gemeinderat empfohlen. Jetzt will man bei der Region nachfragen, ob sich die Stadt 2020 an einem kleineren Projekt beteiligen kann.
Öffentliches Leben vor dem Rathaus ist gar nicht so weit hergeholt. Hier legte sich schon einmal eine Pfarrerin ins Bett. Bei einer Werbeaktion für den Kirchentag.
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