In der Stadt sind viele Menschen daheim. Sie ist auch vielen zur neuen Heimat geworden – nicht nur den Deutschen Ungarn nach dem Krieg. Das zeigt eine Ausstellung, die gerade erarbeitet wird.

Gerlingen - Heimat: mit diesem Begriff verbinden nicht nur Cineasten eine mehr als 30 Filme umfassende Werkreihe des Autors und Regisseurs Edgar Reitz, die ihren Anfang zu Beginn der achtziger Jahre im Hunsrück nahm. Der Begriff Heimat spielt auch in Gerlingen eine Rolle – nicht nur im Stadtmuseum. In einer neuen Ausstellung , die im April beginnt, steht der Begriff im Mittelpunkt. Das Museum ruft alt eingesessene und neu hinzugekommene Gerlinger auf, sich zu beteiligen – mit Erinnerungen und Gegenständen, die sich zum Vorzeigen eignen.

 

Die Ausstellung soll am 2. April eröffnet werden und die Reihe „face to face – Heimat hat viele Gesichter“ vom vergangenen Spätsommer fortsetzen. Dabei hatten sich mehr als ein Dutzend Gruppen in 16 Aktionen und Veranstaltungen mit dem Thema auseinander gesetzt. Schon damals stand fest, dass es von April an im Museum wieder aufgenommen werden soll.

„Heimat ist auch ein gesellschaftliches Thema“, sagt die Museumsleiterin Catharina Raible, „Migration, das Ein- und Auswandern, hat es schon immer gegeben. Schon die Alamannen, deren sterbliche Überreste in Gerlingen gefunden wurden, kamen aus dem Ostseeraum.“ All das wird im Stadtmuseum seit Langem dargestellt: in der Abteilung der Deutschen aus Ungarn im zweiten Stock; aber auch in der ersten Etage, in der die große Ausstellung „Auswanderung, Mobilität und Vertreibung“ von 2012 einen Platz auf Dauer fand.

Wo ist die Heimat?

„Lassen Sie uns wissen, was Heimat für Sie bedeutet. Wo ist Ihre Heimat? Haben Sie vielleicht mehrere? Was macht Heimat aus? Gibt es ein Objekt, das für Sie Heimat verkörpert?“ Mit diesen Fragen wenden sich die Kuratoren nun an die Bevölkerung. Man habe „immer über den Tellerrand hinausgeguckt“ – nicht nur 2014 mit der Ausstellung zur Wendezeit oder 2015/16 mit dem Thema China. Auch da seien spannende Aspekte der Gesellschaft herausgekommen. „Heimat ist ein Gefühlsbegriff“, sagt Raible, „die Visualisierung ist nicht so ganz einfach.“ Aber schon ein Foto gehöre dazu, eines der Familie oder des eigenen Hauses.

Zur Mannschaft der Ausstellungsmacher gehört Moritz Herrscher. Der 20-Jährige ist in der zweiten Halbzeit seines Freiwilligen Sozialen Jahres Kultur. Zuvor absolvierte er eine Banklehre. Der junge Mann schließt nicht aus, dass die Welt des Geldes doch nicht sein Berufsfeld wird – sondern der Bereich, in dem er sich seit September engagiert. Dafür müsste er das Fachabitur nachmachen und studieren.

Porträtfotos sind gefragt

„Die Ausstellung soll ein Denkanstoß sein“, sagt Moritz Herrscher. Dazu wolle man auch viele Porträtfotos von Menschen aus Gerlingen zeigen – nicht nur solche, die in der Stadt bekannt sind. „Man muss keine tragischen Geschichten vorweisen, um mitmachen zu können.“ Es gehe um Begegnungen, auch über einen längeren Zeitraum, und darum, Ängste abzubauen – und das an einem neutralen Ort. Wie ein bunter Blumenstrauß soll das Ganze werden. Beteiligen werde sich auch der Freundeskreis Asyl. Und Schüler einer siebten Klasse sind bereits für einen Projekttag angemeldet. Vielleicht könne das Museum auch mit dieser Ausstellung sowohl Erinnerungsstätte sein als auch ein Treffpunkt von Menschen, die sich gegenseitig oder etwas Neues kennenlernen, hofft Moritz Herrscher.