Kultur in Stuttgart Die Kunst der richtigen Sprache

Projekträume, Künstlerkolonien und andere Off-Spaces sind in Stuttgart en vogue. Die Zeichen mehren sich, dass der Nutzen erkannt wird.
Stuttgart - Angefangen hat alles mit einer leer stehenden Hausmeisterwohnung. „Der OP Nord war ein richtiger Startschuss“, erinnert sich Gerd Dieterich, der im Stuttgarter Kulturamt für die Förderung bildender Kunst zuständig ist. Seit 2003 zeigt ein Verein in der umgebauten Wohnung Ausstellungen und Projekte von Künstlern aus der Region – ein klassischer Off-Space, also ein unabhängiger Projektraum für junge Künstler, die sich in der Szene erst einen Namen machen müssen. In den letzten fünf Jahren entstanden in der Stadt etliche solcher Projekträume, die oft auf Zeit und stets vom Markt unabhängig als Kunstplattform fungieren.
In einer Stadt, die sich mit Kunst- und Merz-Akademie sowie der Akademie Schloss Solitude drei einschlägige Ausbildungsstätten leistet, gibt es viel Bedarf für solche Räume. Junge Künstler, die sich erst einen Namen machen müssen, sind dabei auf Beziehungen und Zuschüsse angewiesen – und auf Kreativität.
Eine von kulturellen Eliteinstitutionen geprägte Stadt
Solcher Einfallsreichtum brachte vor zehn Jahren junge Stuttgarter Architekten und Kunstschaffende auf die Idee, am Nordbahnhof in ausrangierten Bauwaggons zu wohnen und zu arbeiten. Kreativität und Bedarf auf Seiten der Künstler machten im Februar und März die kulturelle Zwischennutzung der Marienpassage zum Erfolg: Die ausrangierte Immobilie in der Innenstadt avancierte kurz vor ihrem Abriss für rund hundert Kulturschaffende zum „Utopia Parkway“ – gut die Hälfte der Nutzer kam übrigens aus Stuttgart.
„In Stuttgart ist es so“, sagt ein Kunstfreund, „wenn du Geld hast, bist du willkommen. Wenn nicht, bist du falsch gepolt.“ Junge Künstler hätten kein Geld, ihnen hafte zudem „das Image von Beschmieren und Besetzen“ an, so der Kunstförderer. Weil sie keine Gewerbesteuer bringen, fänden sie in einer von kulturellen Eliteinstitutionen geprägten Stadt nur schwer Räume für ihre Projekte.
Matthies vermietet vor allem an Künstler
Von solchen Schwierigkeiten kann Alexander Matthies ein Lied singen. Matthies ist zwar kein Künstler, er vermietet aber vor allem an Künstler. Günstige Räume in der früheren Bahndirektion sowie in der alten Mercedes-Benz-Niederlassung in der Türlenstraße hat Matthies im Programm. Die Klientel des Immobilienprofis ist die sogenannte Kreativwirtschaft.
Für die muss Matthies viel Überzeugungsarbeit leisten: „Die Eigentümer sind oft skeptisch, man muss sie erst für eine kulturelle Zwischennutzung vor dem Umbau oder Abriss begeistern“, berichtet Matthies. Bei der Bahndirektion und dem ehemaligen Autohaus ist das geglückt. Der Bedarf aber sei viel größer. „Es gibt heute, anders als noch vor zehn Jahren, sehr viele Selbstständige, die kreativ und professionell arbeiten wollen – aber noch nicht beiden großen Institutionen“, umschreibt Matthies seine Kunden.
Unsere Empfehlung für Sie

Warten auf 007 Neuer James-Bond-Film soll nun im Oktober starten
Eine Überraschung ist es nicht mehr: Der Start des neuen James-Bond-Films „Keine Zeit zu sterben“ ist auf Herbst verschoben worden. So lange mussten 007-Fans bisher nur einmal warten.

Künstler Tobias Rehberger über das DJ-Duo Tiefschwarz „Man musste geistig nackig über die Königstraße rennen wollen“
Der renommierte Künstler Tobias Rehberger hat eine Ausstellung über das musikalische Duo Tiefschwarz im Stadtpalais gestaltet. Im Interview spricht er über Kunst auf Privat-Jets, seinen Bezug zur elektronischen Musik und den Kleinen Schlossplatz in den 1980er Jahren.

Schauspieler Jens Harzer im Gespräch „Ach komm, lass es doch lieber“
Jens Harzer wurde von Bruno Ganz zu seinem Nachfolger als Träger des Iffland-Rings bestimmt, der bedeutendsten Auszeichnung für einen deutschsprachigen Schauspieler. Im Fernsehen ist der 48-Jährige selten zu sehen, jetzt aber hat Harzer wieder eine TV-Rolle übernommen.

Ran NFL mit Icke, Stecker und Coach Esume So kam Football aus der Nische in die Primetime
American Football zur besten Sendezeit im Hauptprogramm – was früher undenkbar war, ist den Machern von „Ran NFL Football“ bei ProSieben eindrucksvoll gelungen. Hauptgrund sind nicht zuletzt die markanten Football-Frontmänner des Senders.

Der Weg zum Deutschen Literaturarchiv Vom Schelmengrüble zur Schillerhöhe
Unterirdischer Himmel, Schatzhaus des Geistes, schwäbisches Pantheon – wie wurde das Deutsche Literaturarchiv in Marbach zu dem, was es ist? Der Historiker Jan Eike Dunkhase verwandelt in seinem Buch „Die Provinz der Moderne“ die Chronik einer Institution in eine spannende Ideengeschichte.

Art Basel verschoben Kunstmesse erst im September
Noch an Weihnachten waren die Macher der Kunstmesse Art Basel zuversichtlich, im Juni öffnen zu können. Nun gehen sie auf Nummer sicher.