Nach einer kontroversen Debatte stimmen Grüne, SPD und Linke/SÖS für das rein kommunale Konzept: Die Stadt will die Villa selbst sanieren; die Fernsehstudios sollen beseitigt und der Park erweitert werden. Noch aber ist die Stadt nicht Eigentümerin der Objekte.
Stuttgart - OB Fritz Kuhn (Grüne) hat sich am Dienstag nicht gescheut, den Beschluss zur Villa Berg im Ausschuss für Umwelt und Technik als „historisch“ zu bezeichnen. Nun habe die Stadt die einmalige Chance, die Bausünde der Fernsehstudios zu heilen und den königlichen Park in großen Teilen wieder herzustellen. Die linke Mehrheit im Ausschuss folgte Kuhns Konzept: Die Stadt will also die Villa erwerben, sanieren und öffentlich nutzen; und sie will auch die leer stehenden Studios kaufen, in einigen Jahren abreißen und diese rund zehn Hektar Fläche in Park verwandeln. Nach Jahren des Stillstands und des schleichenden Verfalls der Villa könnte diese Positionierung nun den gordischen Knoten durchschlagen.
Der Entscheidung war am Dienstag im Ausschuss aber eine kontroverse Debatte vorausgegangen. Die CDU, die Freien Wähler und auch die FDP, die eigentlich das städtische Konzept hatte mittragen wollen, versuchten die Vertagung des Themas durchzusetzen, was aber abgeschmettert wurde. Die CDU hatte zudem einen Alternativweg vorgeschlagen, für den CDU-Fraktionschef Alexander Kotz wie ein Löwe kämpfte.
Dieser Weg sah ebenfalls vor, dass die Stadt die Villa in eigener Regie saniert; das Düsseldorfer Unternehmen Property Development Investors (PDI), das eine Kaufoption für Villa und Studios besitzt, solle aber wie geplant 150 Wohnungen in den Studios bauen dürfen. Ansonsten käme es in der Realität zu einer jahrelangen Hängepartie, so Kotz. Denn PDI und die Gläubigerbanken hätten keinen Grund, Villa und Studios an die Stadt zu veräußern, zumal diese nur einen geringen Preis bezahlen wolle. „Die Stadt geht ein immenses Risiko bei der Zeitschiene und auch bei der Finanzierung ein“, sagte Kotz. Mit dem Vorschlag der CDU könne dagegen quasi morgen mit der Sanierung der Villa begonnen werden, da PDI der Stadt die Villa schenke, wenn sie Baurecht für die Wohnungen erhielte.
Stadträte sehen Aussagen des Investors als Drohungen an
Der Widerspruch, den Alexander Kotz erntete, war allerdings enorm. Die teils unverhohlenen Drohungen des Investors in den vergangenen Tagen waren vielen Stadträten und auch dem OB sauer aufgestoßen. Die Banken würden zunächst einmal gar nichts tun, denn sie müssten die städtische Entscheidung als Erpressungsversuch werten, hatte Markus Pärssinen von der Bauprojektgesellschaft des Investors gesagt. Fritz Kuhn sieht es genau umgekehrt: Die Tonlage des Investors sei unangemessen. Und: „Die Stadt hat das Primat des Handelns; sie entscheidet und nicht der Investor.“ Im Übrigen hätten viele Bürger den Eindruck, überall werde ihre Stadt zugebaut: „Deshalb ist unsere Entscheidung ein ganz wichtiges Signal.“
Martin Körner, der Bezirksvorsteher im Stuttgarter Osten, wurde noch deutlicher. Der Hauptgläubiger, von dem PDI eine Kaufoption für Villa und Studios erhalten habe, sei die IKB-Bank in Düsseldorf, die in der Finanzkrise wegen geplatzter Immobiliendeals rund acht Milliarden Euro an Steuergeldern erhalten habe. Diese Bank habe die Verluste aus der Villa-Berg-Finanzierung längst abgeschrieben: „Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn wir gerade dieser Bank die Grundstücksspekulation um die Villa Berg nun noch mit einem außerordentlichen Ertrag versüßen würden.“
Erste Gespräche mit der Gläubigerbank sind schon gelaufen
Auch Baubürgermeister Matthias Hahn, wie Körner SPD-Mitglied, hieb in diese Kerbe. Der frühere Investor Rudi Häussler habe einen Preis für die Grundstücke bezahlt, der rund zehnmal höher sei als der reale Wert: „Die Bank sollte sich überlegen, wie sie so ein Geschäft finanzieren konnte.“ Häussler war aber inoffiziell versprochen worden, dass er Wohnungen bauen könnte.
Peter Pätzold (Grüne) glaubt nicht, dass es nach der städtischen Entscheidung zu einer Hängepartie kommen wird. Wie man hört, gab es bereits Gespräche mit der IKB – für die Bank sei es immer noch besser, einen geringen Erlös von der Stadt zu erhalten als gar nichts. Das Konzept von PDI, die wohl 8,5 Millionen Euro gezahlt hätten, sei jedenfalls endgültig gescheitert.
Roswitha Blind (SPD) hält es für richtig, dass die Stadt mindestens sieben Millionen Euro in die Hand nehmen muss. Die Bürger wollten dies – auch der Bezirksbeirat hat am Montag, teils mit den Stimmen der CDU, das Konzept befürwortet.