Seit drei Jahrzehnten holen Rock- und Popbegeisterte regelmäßig Weltstars ins kleine Remstal. Eigentlich hätte das groß gefeiert werden sollen. Was die Kulturinitiative stattdessen plant, lesen Sie hier.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Winterbach - Joe Cocker, Status Quo, Jethro Tull, Gianna Nannini, Gary Moore, die Simple Minds: die Liste der Künstler, die schon in Winterbach aufgetreten sind, liest sich wie ein Who-is-Who der Rock- und Popgeschichte. Dass es diese Weltstars ausgerechnet in die beschauliche Gemeinde im Remstal verschlagen hat, ist die „Schuld“ von einigen Rockverrückten – die sich vor nunmehr 30 Jahren zum Ziel gesetzt hatten, den Rock nach Winterbach zu holen.

 

Der Auftakt zu dieser Tradition war am 28. April 1991. An jenem Sonntagabend trat der britische Gitarrist und Sänger Steve Gibbons in Winterbach auf. 17 Mark kostete der Eintritt damals, der Gig stieg auf der Bühne der Schulturnhalle vor 420 Besuchern. Das Publikum war begeistert, und schnell wurde klar, dass dieses Konzert nicht das letzte seiner Art bleiben sollte. Dass die Konzerte immer in Winterbach stattfinden würden, war nicht gesetzt: Der Vorsitzende der dahinter stehenden Kulturinitiative Rock, Steffen Clauss, hat unserer Zeitung einmal verraten, dass der Rock ’n’ Roll ursprünglich nach Remshalden kommen sollte. Daraus wurde letztlich nichts – Glück also für Winterbach.

Das Zeltspektakel 2021 ist schon lange verschoben

In den folgenden Jahrzehnten holte die Kulturinitiative Rock Winterbach Star um Star ins Remstal. Mal zum regelmäßig stattfindenden, mehrtägigen Zeltspektakel, mal zu Konzerten in den Winterbacher Hallen. Und trotzdem vergaß die „Kulti“, wie sie von Anhängern liebevoll genannt wird, auch die Newcomer nicht. Aufstrebende lokale und internationale Künstler bekamen durch die Rockliebhaber aus dem Remstal hier ebenfalls eine Bühne. Natürlich hätte der 30. Geburtstag der Konzerte in Winterbach gebührend – sprich: mit Konzerten – gefeiert werden sollen. Doch wir schreiben das Jahr 2021, mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Coronapandemie. Mitte Januar des vorigen Jahres hat in Winterbach das letzte Konzert stattgefunden, seitdem herrscht Stille. Auch das Zeltspektakel, das turnusgemäß eigentlich 2021 wieder hätte stattfinden sollen, ist bereits verschoben worden. Auf 2022, wie gehofft wird.

Auch Nachholkonzerte stehen in Winterbach einige an

Ein Festival, vor allem, wenn es jedes Mal Zehntausende Besucher anzieht, braucht jede Menge Zeit in der Vorbereitung. Nicht nur, was das Zelt und die Bewirtung angeht: Um internationale Stars zu buchen, braucht man einen langen Atem. Das haben die Konzertveranstalter schon oft genug beweisen müssen. Wann die Gitarrenverstärker wieder vor Publikum standesgemäß auf „10“ aufgedreht werden können, steht noch in den Sternen. Im kommenden Jahr gäbe es übrigens noch ein weiteres Jubiläum zu feiern: Im Herbst 1992 haben die „Kulti“-Macher ihren Verein gegründet.

Dass es konzertmäßig einiges nachzuholen gibt, zeigt ein Blick auf die Webseite des Vereins. Dort sind die Nachholkonzerte für all die Künstler aufgeführt, die schon im vergangenen Jahr in Winterbach hätten spielen sollen. Teilweise sind sogar schon Ersatz-Ersatztermine angesetzt.

Ab Oktober sollen unter anderem die Gigs von Samantha Fish, Doro Pesch, Manfred Mann’s Earth Band und Joe Satriani nachgeholt werden, so der Plan. Bleibt zu hoffen, dass Corona die Gitarren, Bässe und Drums in Winterbach nicht längerfristig zum Schweigen bringt. Aber wie heißt es bei Neil Young? „Rock ’n’ Roll can never die“ – der Rock ’n’ Roll kann niemals sterben.