Gefördert von der Robert Bosch Stiftung gastiert die Kulturmanagerin Evangelia Pelentridou derzeit im Kulturkabinett. Sie arbeitet mit Jugendlichen aus Bad Cannstatt und Umgebung an einem Film über immaterielles Kulturgut.

Bad Cannstatt - Dinge, die man nicht sehen oder berühren, aber fühlen kann, sind das Arbeitsfeld von Evangelia Pelentridou. Die 30 Jahre alte Kulturmanagerin aus Athen beschäftigt sich beruflich mit immateriellem Kulturgut. Was das ist, dafür gibt es keine feste Definition. Es kann vieles bedeuten und vor allem für jeden etwas anderes. Genau darum geht es in dem Projekt, an dem die Griechin im Kulturkabinett (KKT) in Bad Cannstatt arbeitet. Sie ist eine von 30 jungen Kulturmanagern, die derzeit gefördert von der Robert-Bosch-Stiftung in Deutschland gastieren.

 

Auch wenn immaterielles Kulturgut für jeden etwas anderes bedeutet, gibt Evangelia Pelentridou ein paar Beispiele: „Das kann eine einzelne Erinnerung sein oder eine Familientradition“, erklärt die Freiberuflerin, die derzeit an ihrem Doktor-Titel arbeitet. „Eben etwas, das in uns ist, das man nicht berühren kann, das aber uns berührt.“ Da jenes Kulturgut für jeden etwas anderes bedeutet, braucht die Griechin viele Teilnehmer für ihr Projekt – und zwar ausschließlich Jugendliche.

„Start“ unterstützt junge griechische Kulurmanager

Das ist Voraussetzung für die Förderung durch die Robert-Bosch-Stiftung in Kooperation mit dem Goethe-Institut Thessaloniki und der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren. Denn Ziel des Programms „Start“, in dem die 30 Griechen derzeit im Land sind, ist es, angehende Kulturmanager finanziell und mit Fachwissen zu unterstützen, damit sie eigene Kulturinitiativen für Jugendliche umsetzen. Nach einer einwöchigen Fortbildung in Berlin hospitieren die 30 ausgewählten Stipendiaten im Moment in verschiedenen Kultureinrichtungen. Evangelia Pelentridou ist die einzige, die in Stuttgart zu Gast ist.

Mit ihrem Konzept, Jugendliche zum Thema Kulturgut sprechen zu lassen, hatte die 30-Jährige die Jury in der Auswahlrunde überzeugt. Nun arbeitet sie seit Anfang Oktober mit rund 25 Teilnehmern zwischen elf und 30 Jahren in dem soziokulturellen Zentrum auf dem Seelberg – darunter Schauspieler des jungen Ensembles des KKT, Flüchtlinge aus Gambia aus der Esslinger Gruppe „Stage Divers(e)“ und Mitglieder einer Tanzgruppe aus Feuerbach. Sie produzieren einen Film, in dem die Mitwirkenden ihrem Kulturgut auf unterschiedlicheste Weise Ausdruck verleihen. „Das kann mit Gesang, Tanz, einem Instrument oder Akrobatik sein“, sagt Pelentridou. Der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt. Letztlich soll das Projekt ausdrücken, „dass die Gesellschaft multikulturell und Diversität akzeptiert ist“.

Die Arbeit auf Korfu im großen Stil wiederholen

Ende Oktober ist die Hospitanz der 30-Jährigen am KKT vorbei. Dann geht es mit dem Film in die zweite Runde von „Start“. Die 30 Kulturmanager präsentieren ihre Ergebnisse, zwölf von ihnen bekommen ein Stipendium in Höhe von 10 000 Euro über ein halbes Jahr. Mit dem Geld können sie ihr hier in nur vier Wochen ausprobiertes Projekt zurück in Griechenland im großen Stil umsetzen.

Wenn sich Evangelia Pelentridou durchsetzt, will sie von Dezember bis April 2016 auf Korfu mit Jugendlichen zum Thema arbeiten und Filme drehen. Die Insel beziehungsweise die Erinnerungen daran sind ihr immaterielles Kulturgut. „Meine Oma stammt von dort“, sagt sie. Sollte sich die Jury nicht für sie entscheiden, gibt sie trotzdem nicht auf. „Dann machen wir das Projekt nur etwas später“, ist sie überzeugt.

Dass Evangelia Pelentridou gerade im KKT in Bad Cannstatt gelandet ist, ist kein Zufall. Auch die 30 soziokulturellen Einrichtungen mussten sich für das Projekt bewerben. „Wir kooperieren bereits seit 2012 mit einer Einrichtung in Thessaloniki und wollen künftig öfter Hospitanten aus dem europäischen Ausland aufnehmen“, erklärt Naemi Keuler, die Geschäftsführerin des KKT, ihren Beweggrund. Das Programm „Start“ war ein guter Test dafür. Die Zusammenarbeit habe trotz der Sprachbarriere gut funktioniert, sind sich die beiden Frauen einig. Für Evangelia Pelentridou war es außer einem Kurztrip nach Dresden der erste Aufenthalt in Deutschland. Ihr Fazit: „Das Wetter ist sehr kalt, sonst ist es super.“