Die Merz-Akademie, das Stadtmedienzentrum und die Volkshochschule wollen schon im Herbst gemeinsames Projekt starten. Voraussetzung ist, dass der Gemeinderat dafür Mittel aus dem Projektmittelfonds „Zukunft der Jugend“ bereitstellt.

S-Ost - Kinder im Grundschulalter, die ständig aufs Smartphone starren; 13-jährige Mädchen, die pausenlos völlig sinnlose Fotos von Gehwegen oder leeren Wänden auf Snapchat posten, nur um „Belohnungen“ zu bekommen und in den „Ranglisten“ nicht abzurutschen; hilflose Eltern von Siebt- oder Achtklässlern, die sich nicht anders als mit Verboten zu helfen wissen. Das ist Alltag in Stuttgarter Schulen und Familien. Was fehlt, sind Angebote, die den Kindern und Jugendlichen einen vernünftigen, sinnvollen und bei Interesse vielleicht sogar kreativen Umgang mit diesen Medien und ihren Möglichkeiten und Gefahren vermittelt.

 

Der „Medien-Osten“ als gute Basis

Im Stuttgarter Osten gibt es eine ganze Reihe von Bildungseinrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen, bisher allerdings jede für sich und ganz unabhängig voneinander. Drei dieser Institutionen – die private Merz-Akademie im Kulturpark Berg, das beim Landesmedienzentrum angesiedelte Stadtmedienzentrum an der nahe gelegenen Rotenbergstraße und die Volkshochschule mit ihrer großen Zweigstelle an der Ostendstraße – haben sich jetzt zusammengetan, wollen eine „Medienakademie für junge Menschen“ gründen und bereits im Herbst in einer einjährigen Pilotphase Workshops zu ganz unterschiedlichen Themen anbieten.

„In den Bereichen Musik oder Sport sind die Angebote für die Kinder und Jugendlichen gebündelt und auch leicht auffindbar“, sagte der Rektor der Merz-Akademie, Martin Fritz, bei der Vorstellung des Projekts im Bezirksbeirat. „Bei der Medienbildung sieht das aber ganz anders aus.“ Nur ein aktiver Umgang mit den Medien, der auch „Zugang zu den Gestaltungsmöglichkeiten hinter den Bildschirmen“ ermögliche, fördere „Kritikfähigkeit, Souveränität und Partizipation“. Dieser Umgang müsse aber gelernt werden. Dafür wollen die drei Einrichtungen ihr Know-How und ihre Möglichkeiten bündeln. „In Einführungskursen, ein- oder mehrtägigen Workshops, Studios und schulischen Projektwochen können sich Kinder und Jugendliche von 4 bis 16 Jahren mit der Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten in allen digitalen Formaten vertraut machen“, heißt es in der Präsentation des Akademie-Rektors.

Alle Angebote kostenlos

Diese neue, junge Medienakademie soll schwerpunktmäßig im Kulturpark Berg angesiedelt werden, Angebote soll es aber auch im benachbarten Stadtmedienzentrum oder beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls benachbarten Aktivspielplatz (Aki)Raitelsberg geben. Dieser könnte sich beispielsweise immer samstags in einen Medienaktivspielplatz verwandeln, in dem Aki-Kinderreporter den spannenden nachmittäglichen Alltag auf dem Areal begleiten und ihre Reportagen in digitaler Form oder auch gedruckt als Aki-Zeitung veröffentlichen können. Die ComputerSpielSchule, die seit 2016 vom Stadtmedienzentrum mit großem Erfolg freitagnachmittags angeboten wird, soll im Rahmen der Medienakademie weitergeführt und ausgebaut werden. Mögliche weitere Workshop-Themen könnten „Urbane Street-Fotografie“ oder YouTube-Tutorials sein. Insgesamt sind für das erste Pilotjahr der Akademie rund 25 Workshoptage geplant. Alle diese Angebote sollen für die Kinder und Jugendlichen kostenlos sein.

Das Projekt steht und fällt mit der Finanzierung. Die Projektpartner haben sich um einen Betrag von 57 000 Euro aus dem Projektmittelfonds „Zukunft der Jugend“ der Stadt beworben. Insgesamt stehen in dem Fonds rund 350 000 Euro für Kinder- und Jugendprojekte zur Verfügung. Finanziert werden sollen damit „richtungsweisende, bedarfsorientierte Projekte, um insbesondere benachteiligte Kinder und Jugendliche im Sinne der Chancengleichheit zu unterstützen“, heißt es auf der Internetseite der Stadt dazu.

Im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost rief das Projekt fast einhellige Begeisterung hervor, Grüne und SPD sicherten jede mögliche Unterstützung zu. CDU-Vertretern war das Einstiegsalter von vier Jahren zu niedrig, außerdem wollten sie die Gefahren mehr in den Blickpunkt rücken und diese auch stärker im Programm verankert haben. Am Ende der Diskussion wurde das ambitionierte Projekt aber einstimmig befürwortet – und auch einem ersten Zuschussantrag für die Akademie zugestimmt.