Der Konstanzer Gemeinderat hat mit großer Mehrheit eine neue Badeordnung beschlossen, die muslimischen Frauen das Schwimmen im Ganzkörperanzug erlaubt.

Konstanz – Als die Sache durch war, wollte die Frau, die sie angestoßen hatte, sich nicht mehr öffentlich äußern. Mit ihrem Namen wollte sie schon gar nicht zitiert werden. Auch dass sie „türkischstämmig“ sei, wollte sie nicht in der Zeitung lesen – aus Angst vor Drohungen rechtsextremer Kreise. „Das musste ich meinem Mann versprechen“, sagte die 34-Jährige.

 

Es habe Drohanrufe von Neonazis gegen sie und ihre Familie gegeben, als sie öffentlich mit einer Klage gegen die Stadt gedroht hatte, sagte die Ehefrau und Mutter. Der Frau war am 10. Juli 2013 zusammen mit ihren beiden Söhnen der Zugang zum Schwaketenbad mit Verweis auf die geltende Badeordnung verweigert worden.

Die bereits in die Jahre gekommene Badeordnung hatte Ganzköperbadeanzug ganz allgemein nicht zugelassen, damit also auch Taucheranzüge und Ganzkörperanzüge untersagt, wie sie etwa bei Leistungsschwimmern üblich sind. Der Fall hatte bundesweit für Aufregung gesorgt.

„Durch Badekleider verunsichert und bedroht“

Der damalige Bäderchef hatte die Diskussionen im April weiter angefacht, als er hygienische und politische Gründe gegen eine Zulassung angeführt hatte. Badegäste könnten sich „durch die Anwesenheit korankompatibler Badekleider verunsichert und bedroht fühlen“, schrieb er an die kommunale Integrationsbeauftragte Elke Cybulla.

Von derlei Tönen wollte der Gemeinderat sich nun offenbar absetzen. Unaufgeregt entschied das Gremium am Donnerstag mit großer Mehrheit, den Burkini zuzulassen. Künftig ist in den Konstanzer Strand- und Schwimmbädern und auch in der Therme das Tragen eines islamkonforme Badeanzug erlaubt, der nur Gesicht, Füße und Hände frei lässt.

Einer weitergehenden Trennung von Geschlechtern in den Badeanstalten wurde allerdings eine Absage erteilt. „Für uns ist die Grenze hier erreicht“, hieß es von Seiten der CDU. Doch wollte man in Konstanz ganz auf Nummer sicher gehen. Der Burkini darf hier nicht mehr Burkini heißen, sondern muss offiziell als „Ganzkörperbadeanzug“ firmieren, um etwaige diskriminierende Inhalte von vorneherein auszuschließen.

„Ein Burkini trennt nicht, er verbindet“

„Burkini“ ist eine Wortschöpfung aus der den ganzen Körper verhüllenden Burka, wie er vor allem in Afghanistan und Pakistan üblich ist, und einem üblichen Bikini. Die vorgeschlagene Neuschöpfung „Bodykini“ fand hingegen keine ausreichend positive Resonanz, da die Mehrheit befürchtete, von dieser Wortkreation könnten neue kulturelle Vorurteile ausgehen.

Einige Räte der CDU und FDP machten kein Hehl daraus, dass bei ihnen ein Umdenken stattgefunden hatte. Maßgeblich dazu beigetragen hatte offenkundig ein Runder Tisch. Dort hatte der türkischstämmige Konstanzer Kulturwissenschaftler Özkan Ezli sein Gutachten vorgetragen, worin er sich für eine Aufhebung des Verbots aussprach. Wenn Verhüllte mit (relativ) Unverhüllten badeten, ermögliche das ein Mehr an Partizipation und Kontakten durch die Sichtbarkeit unterschiedlicher Lebensaufassungen, argumentierte Ezli: „Der Burkini trennt nicht, er verbindet.“

Sie sei sehr zufrieden mit dem Beschluss des Konstanzer Rates, ließ sich die Initiatorin noch entlocken. „Ich finde es gut, dass ich nun – konform zu meinem Glauben – Schwimmen gehen kann“, sagte die Frau, die Kopftuch trägt und Wert darauf legt, als eine in Konstanz geborene, „deutsche Muslima“ angesehen zu werden. Einen Burkini zu tragen sei für sie „kein Symbol, sondern Pflicht“ hatte sie zuvor bereits betont. Wäre der Ratschluss anders als erwartet ausgefallen, dann hätte sie geklagt. „Gut, dass das jetzt nicht mehr nötig ist.“