Das bundesweit einzigartige Kulturwerk in Stuttgart-Ost feiert sein 20-jähriges Bestehen. Ziel des Angebots ist nicht nur, die offene Drogenszene einzudämmen, sondern den Menschen auch einen sicheren Hafen anzubieten.

S-Ost -

 

Im November 1996 ist das Kulturwerk, das zur Neuen Arbeit gehört, gegründet worden. Seither ist der Veranstaltungsort im Kübler-Areal mit einem hochwertigen gastronomischen Angebot aus dem Stuttgarter Osten nicht mehr wegzudenken. Auf rund 1800 Quadratmetern bietet das Kulturwerk ein vielfältiges Programm von Theater- und Konzertveranstaltungen, Tanzabenden bis hin zu Podiumsdiskussionen und Geburtstagsfeiern, das weit über die Stadtteilgrenzen hinaus geschätzt wird.

Was viele nicht wissen: beim Kulturwerk handelt es sich um ein bundesweit einzigartiges Arbeitshilfeprojekt. Menschen mit Suchtproblemen, psychischen Erkrankungen und sogenannte chancenarme junge Erwachsene, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Perspektive haben, erhalten hier die Chance auf soziale und berufliche Integration. Sie finden in diversen Beschäftigungsmöglichkeiten eine sinnvolle Unterstützung für ihr Leben, das aus den Fugen geraten ist. Zu diesem Zweck arbeitet das Kulturwerk eng mit dem Stuttgarter Hilfesystem zusammen.

Aktuell sind drei Teilnehmer in einer Ausbildung

Von Beginn an mit an Bord war die Wilde Bühne. Das soziokulturelle Forum für ehemalige Drogenabhängige ist mit den interaktiven Theaterstücken zur Suchtprävention bis heute ein wesentlicher Eckpfeiler des Kulturwerkprogramms. 1999 startete die Kooperation mit der Suchtberatungsstelle Release Stuttgart Kurze Zeit später ging das gemeinsame teilstationäre Therapieangebot Tagwerk an den Start. 1998 erhielt das Kulturwerk eine IHK-Zulassung. Seither konnten bereits 30 Menschen in den Berufsfeldern Koch, Fachkraft für Veranstaltungstechnik, Fachkraft im Gastgewerbe und Veranstaltungskauffrau oder -mann, ausgebildet werden. Aktuell sind drei Teilnehmer in einer Ausbildung.

In mehr als 80 Prozent der Fälle verzeichnet das Kulturwerk positive Verläufe. Dazu gehören die erfolgreiche Ableistung von Arbeitsstunden, die deutliche Verbesserung des Sozial- und Suchtverhaltens und eine deutliche Verbesserung der beruflichen Qualifikation. 65 Prozent der Teilnehmenden hat einen Suchthintergrund, 26 Prozent eine psychische Erkrankung. Hinzu kommen die chancenarmen Menschen. „Das sind alles Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen und auf die man herabblickt“, erklärt Armin Markmeyer. Der Leiter des Kulturwerks gehört zum Gründungsteam des Projekts. Die Teilnehmerzahl sei von Jahr zu Jahr stetig angestiegen, berichtet er.

1996 kamen etwa zehn Menschen ins Kulturwerk, nach drei Jahren waren es bereits 50. Mittlerweile kommen jährlich 150 Personen. Der Großteil davon ist männlich. Nur etwa 17 Prozent der Teilnehmer sind weiblich. „Die Frauen holen seit zwei Jahren im Bereich Alkoholmissbrauch rasant auf“, schildert Markmeyer. Rund die Hälfte der Teilnehmer hat zudem einen Migrationshintergrund.

Förderung muss jedes Jahr neu beantragt werden

Ziel des Angebots ist es laut Markmeyer nicht nur die offene Drogenszene in Stuttgart einzudämmen, sondern den Menschen im Kulturwerk auch einen sicheren Hafen anzubieten. „Wir begegnen ihnen auf Augenhöhe und geben ihnen ein stückweit ihre Würde zurück“, so der Kulturwerksleiter. Man sei stolz auf die vielen positiven Rückmeldungen zur geleisteten Arbeit. Das Kulturwerk erhält Förderungen durch den Europäischen Sozialfonds und der Landeshauptstadt Stuttgart. Diese muss jedes Jahr neu beantragt werden.

Trotz der steigenden Nachfrage wird die Fördersumme nicht angeglichen. „Wir erhoffen uns eine politische Lösung“, sagt Markmeyer. Sozialbürgermeister Werner Wölfle versprach dem Kulturwerk im Rahmen der Jubiläumsfeier, sich für eine dauerhafte Regelförderung einsetzen zu wollen. In den letzten 20 Jahren habe die Einrichtung schließlich ausreichend bewiesen, dass sie eine unentbehrliche Bedeutung für Stuttgart habe.