Rund 100 Menschen haben am Freitagvormittag gegen die Arbeitsbedingungen auf der Stuttgart-21-Baustelle demonstriert. 19 Arbeiter hatten sich mit dem Coronavirus infiziert. Aus Platzgründen musste die Demo an den Bauzaun verlegt werden.
Stuttgart - Langsam hebt sich ein Baggerarm, Maschinengeräusche sind vernehmbar. Auch am Vormittag des 1. Mai wird auf der S-21-Baustelle für den Tiefbahnhof gearbeitet. Wenige Meter weiter, auf dem Ferdinand-Leitner-Steg, fordern Demonstranten „Baustopp statt Sklavenarbeit“. Anlass der Kundgebung, zu der das Aktionsbündnis gegen S 21 aufgerufen hat, ist die Infizierung von 19 Eisenbiegern aus der Türkei mit dem Coronavirus. Der Fall hat fragwürdige Arbeitsbedingungen ans Licht gebracht. „Ich bin stolz darauf, dass so viele hierhergekommen sind“, freut sich Aynur Karlikli (Linke). Rund 100 Menschen haben sich zur Demonstration versammelt, die aus Platzgründen an den Bauzaun verlegt werden muss. Karlikli zitiert in ihrer Rede einen Arbeiter. Er berichtet von Zwölf-Stunden-Tagen, 7 Euro Stundenlohn und einer Sieben-Tage-Woche. Hinzu kämen beengte Unterbringung und hygienische Mängel.
„Wie konnte das den Behörden entgehen?“ fragt die Bezirksbeirätin aus dem Stuttgarter Norden. „Gibt es keine Kontrollen?“ Sidar Carman (Verdi) betont, hier sei nicht nur die türkische Firma ERFA in der Pflicht, deren Mitarbeiter betroffen sind, sondern auch die Bauleitung des Projekts. „Ausbeutung? Nicht mit uns!“, gibt sie sich kämpferisch. Thomas Adler (Linksbündnis) sieht nur einen Weg, die Verhältnisse zu klären: Eine vorläufige Schließung der Baustelle. Dies sei auch wegen des Infektionsrisikos unumgänglich.