Ein Dutzend Ärztinnen und Ärzte erinnert am Mittwoch bei einer Protestaktion in Stuttgart an die negativen Seiten der Digitalisierung. Dabei stufen die Mediziner Kinder als besonders gefährdet ein.
Stuttgart - Digitalisierung ist durch die Coronapandemie im Alltag noch präsenter. Eine Delegation des Ärzte-Arbeitskreises digitale Medien macht am Mittwochmittag jedoch auf die Schattenseiten aufmerksam. „Mobilfunk macht krank“ steht auf dem großen Banner, mit dem ein Dutzend Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg vom Karlsplatz zum Sozialministerium im Dorotheen-Quartier zieht. Auf Schildern stehen die drei Hauptforderungen des Arbeitskreises, den die Umwelt- und Verbraucherorganisation Diagnose Funk unterstützt: keine Smartphones für Kinder, WLAN-freie Krankenzimmer und Beratungsstellen für Elektrohypersensible.
„Die Zahl der Elektrohypersensiblen nimmt stetig zu“, sagt Cornelia Mästle, Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie und Psychotherapie in Winterbach (Remstal). Die Betroffenen reagieren auf elektromagnetische Felder und leiden häufig an Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Übelkeit. Mobilfunkstrahlen haben laut Mästle, die sich auf entsprechende Studien beruft, noch viele weitere gesundheitliche Folgen. Als Beispiele nennt sie ein größeres Risiko, an Krebs zu erkranken, oder Herzrhythmusstörungen.
Fünf bis sechs Stunden täglich in der digitalen Welt
Die Argumente des Arbeitskreises stehen in einem offenen Brief, den rund 70 Ärztinnen und Ärzte unterschrieben haben. Dabei stufen die Mediziner Kinder als besonders gefährdet ein. „Wegen Corona explodiert die Mediennutzung“, sagt Jörg Schmid, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Stuttgart. Kinder und Jugendliche verbringen laut Schmid durchschnittlich fünf bis sechs Stunden am Tag in der digitalen Welt – digitales Lernen nicht mitgerechnet. Daher fordern die Protestierenden, die Schulen um jeden Preis offen zu halten.
Schmid kritisiert die Ignoranz der Landesregierung, die bisher nicht auf die Kritik des Arbeitskreises eingegangen sei. Eine ähnliche Banner-Aktion im Oktober 2019 blieb demnach ergebnislos. Das vereinbarte Treffen mit einem Referatsleiter des Sozialministeriums, dem die Protestierenden am Mittwoch ihren offenen Brief medienwirksam übergeben wollten, platzt ebenfalls. Die Übergabe findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.