Der DGB konstatiert, die Welt befinde sich in einem „Dauer-Krisenmodus“. Um so wichtiger sei es am Tag der Arbeit, Ideen für eine gerechte und friedliche Zukunft zu verbreiten. Dieser 1. Mai habe zudem eine „historische Dimension“.

Allen Krisen zum Trotz werde der Deutsche Gewerkschaftsbund auch in diesem Jahr auf die Straßen und Plätze der Region gehen, „um unsere Ideen für eine gerechte und friedliche Zukunft in die Öffentlichkeit zu tragen“, sagt Julia Friedrich, die Geschäftsführerin des DGB Region Stuttgart. Dies sei bitter nötig, weil sich die Welt im „Krisen-Dauermodus“ befinde. Ein Hinweis, der kaum zu leugnen sei, sagte beim Vorabgespräch zum 1. Mai in Waiblingen der für den Rems-Murr-Kreis zuständige Gewerkschaftssekretär André Fricke. Energiekrise Klimakrise, Krieg in der Ukraine, Inflation und die nach wie vor heftigen Auswirkungen der Coronapandemie – „all dies erzeugt Unsicherheit und stürzt viele Menschen in existenzielle Sorgen“.

 

DGB: Krisen verstärken sich gegenseitig

Die verschiedenen Krisen, so die gewerkschaftliche Analyse, seien nicht einfach unabhängige Phänomene, sondern „sie verstärken sich gegenseitig“. Wie gefährlich die Abhängigkeit von fossilen Energien für Gesellschaft und Wirtschaft sein könne, zeige die Energiekrise, so die DGB-Regionsgeschäftsführerin. Entsprechend könne für den DGB die Lösung nur eine gemeinsame sein, die sich von den Herausforderungen nicht unterkriegen lasse. Das sei der Hintergrund des Mottos für den diesjährigen Tag der Arbeit: „Ungebrochen solidarisch.“

Die aktuellen Themen hinterlassen auch im Rems-Murr-Kreis ihre Spuren. „Anhaltend steigende Preise, vor allem bei Lebensmitteln und Energie, setzen uns unter Druck“, sagt Steffen Eckstein, DGB-Kreisvorsitzender Rems-Murr. „Besonders für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ist diese Situation hart.“ Zwar habe sich der DGB politisch für Entlastungen eingesetzt und dabei vielfach auch Erfolg gehabt. Gleichzeitig setzten sich die DGB-Gewerkschaften mit ihren Mitgliedern aber vor allem für starke Tarifverträge ein. „Ob im öffentlichen Dienst, im Kfz-Handwerk, bei der Bahn oder in anderen Branchen zeigen die Kolleginnen und Kollegen mit Präsenz in den Betrieben, mit Streiks und anderen Aktionen, dass sie bei den Löhnen nicht abgehängt werden wollen.“

Einhaltung von Tarifverträgen als „Win-Win-Win-Situation“

Tarifverträge seien dabei aber nicht nur ein Thema zwischen Beschäftigten und Arbeitgeberverbänden, sagt Christian Friedrich, stellvertretender DGB-Kreisvorsitzender Rems-Murr und betont: „Mit einer Pflicht zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen könnten Land und Kommunen unmittelbar für mehr Gerechtigkeit sorgen. Würden öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen gehen, die entsprechend aktueller Tarifverträge bezahlen, würde dies viele Milliarden an zusätzlichem Einkommen für die Beschäftigten bedeuten. Damit würden die Kaufkraft gestärkt und vor Ort höhere Einnahmen bei Steuern und Sozialversicherungen kreiert. „Das wäre eine Win-Win-Win-Situation für Beschäftigte, öffentliche Hand und die regionale Wirtschaft.“ Bei den Kommunen im Rems-Murr-Kreis wolle sich der DGB deshalb in den kommenden Monaten und Jahren für eine solche Tariftreue bei Auftragsvergaben einsetzen.

André Fricke, der Hauptredner auf der Kundgebung in Waiblingen sein wird, weist auf ein weiteres Thema hin, das den DGB in der Region derzeit umtreibt: „Durch die erst kürzlich von der Bahn angekündigten Streckensperrungen werden ab dem 12. Mai täglich Zehntausende Pendler zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt vor der Frage stehen, wie sie zur Arbeit und wieder nach Hause kommen sollen.“ Ob der eilig geplante Busersatzverkehr angesichts der Verkehrssituation verlässlich funktionieren werde, dürfe bezweifelt werden. „Zusammen im Bündnis mit zahlreichen Organisationen aus der ganzen Region werden wir uns weiter gegen die Vollsperrung einsetzen.“

André Fricke macht außerdem auf die historische Dimension des 1. Mai 2023 aufmerksam: „Vor 90 Jahren haben die Nazis den Tag der Arbeit zunächst für ihre Propagandazwecke genutzt und am Tag darauf die Gewerkschaftshäuser besetzt.“ Was folgte, seien Verhaftungen, Folter und Morde an vielen Gewerkschaftern gewesen, ganz zu schweigen von der weiteren Terrorherrschaft der Nazis samt Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg. Fricke: „Aus dieser historischen Verantwortung heraus setzen sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften weiterhin gegen Demokratiefeindlichkeit, Rassismus und Krieg ein.“

Demostart am Waiblinger Stihl-Werk 6

Die DGB-Demonstration zum Tag der Arbeit in Waiblingen beginnt am Montag, 1. Mai, um 10 Uhr am Stihl-Werk 6 im Bereich Stuttgarter Straße und Rommelshausener Straße. Um 10.45 Uhr ist nach einem Demozug durch die Stadt die Hauptkundgebung für den Rems-Murr-Kreis auf dem Waiblinger Marktplatz vorgesehen. Redner seitens des DGB ist Gewerkschaftssekretär André Fricke, für den musikalischen Rahmen sorgt die Gruppe Chain of Fools.