Im Zuge der Ehrung des französischen Schriftstellers Maurice Genevoix werden sechs Werke des deutschen Künstlers Anselm Kiefer im Panthéon aufgestellt.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Diese Geste gefällt nicht allen Franzosen. Ein deutscher Künstler wird mit seinen Werken ins Panthéon in Paris einziehen, die nationale Ruhmeshalle, Grabstätte der größten französischen Persönlichkeiten. Sechs mächtige Skulpturen von Anselm Kiefer werden in Zukunft im Querschiff des symbolträchtigen Gebäudes stehen. Es ist das erste Mal seit fast 100 Jahren, dass neue Kunstwerke im Panthéon aufgestellt werden. Zuletzt wurde im Jahr 1924 dem französischen Bildhauer Louis-Henri-Bouchard mit seiner monumentalen Skulptur „Aux héros morts inconnus“ (Den unbekannten toten Helden) diese große Ehre zuteil.

 

Schriftsteller Genevoix liegt im Panthéon

Doch nicht Anselm Kiefer, der seit fast 30 Jahren in Frankreich lebt, steht im Mittelpunkt einer symbolträchtigen Zeremonie am Mittwoch, sondern der französische Schriftsteller Maurice Genevoix, dessen sterbliche Überreste ins Panthéon überführt werden. Dort wird er neben 70 Männern und fünf Frauen aufgebahrt werden. Das berühmteste Werk Genevoix‘ trägt den Titel „Ceux de 14“, ein vierbändiges Werk über die Grauen des Ersten Weltkrieges. Er hatte an den Kämpfen an der Marne und bei Verdun teilgenommen und wurde schwer verletzt. Aus diesem Grund ist seine Überführung auch eine tiefe Verneigung vor den französischen Kriegsteilnehmern, die in jener Zeit des Infernos ihr Leben lassen mussten. Der 11. November, der Tag des Waffenstillstandes, wird in Frankreich jedes Jahr feierlich begangen.

Ehrung für die Totes des Krieges

Die sichtbare Verbindung zwischen Maurice Genevoix und den Toten des Krieges knüpft Präsident Emmanuel Macron. Vor der Zeremonie im Panthéon wird er am Grabmal des unbekannten Soldaten am Arc de Triomphe in Paris einen Kranz niederlegen. Wenn danach der Sarg des Schriftstellers in der Ruhmeshalle auf dem Hügel der heiligen Genoveva aufgebahrt wird, wird ein Musikstück des zeitgenössischen französischen Komponisten Pascal Dusapin aufgeführt – auch das eine Premiere. 70 Lautsprecher sollen das Vokalstück im Innern des Gebäudes in eine Klangwolke verwandeln. Stellvertretend für die Opfer des Ersten Weltkrieges werden die Namen von 15 000 gefallenen Soldaten vorgelesen.

Macron beeindruckt von Anselm Kiefer

Der Auftrag an Anselm Kiefer kam vom französischen Präsidenten Macron persönlich, der den deutschen Künstler im Jahr 2018 in Aachen getroffen hatte. Der Politiker ist offenbar beeindruckt von der Art, wie sich Kiefer Zeit seines Schaffens mit der emotionalen Zerrissenheit kultureller Identität gegenüber der Verstrickung in historische Schuld auseinandersetzt. Zudem repräsentiert sein Pendeln zwischen Deutschland und Frankreich eine gelebte, sehr produktive Verbindung zwischen den beiden einst verfeindeten Staaten. Hinzu kommt eine überwältigende haptische Materialität der Werke Kiefers, dessen Lieblingswerkstoffe Asche und Blei sind.

Für das Panthéon hat Anselm Kiefer sechs monumentale Vitrinen aus Glas und Stahl geschaffen, drei Meter hoch und fast sechs Meter breit. Zwischen bedrohlichem Blei und Stacheldraht sind dort auch getrocknete Mohnsamen zu finden, eine Erinnerung an die im Kampf getöteten Soldaten. Am Fuß der Skulpturen finden sich Zitate von Maurice Genevoix, der Mann, der in Frankreich dem Grauen des Kriegs eine Stimme gegeben hat.