Die Kulturinitiative Kukuk widmet sich bei einem großen Projekt in der kleinen Gemeinde Kirchheim am Neckar dem Songpoeten Leonard Cohen.

Kirchheim/Neckar - Uwe Seibold ist sich der Dimensionen bewusst, in denen die örtliche Initiative Kukuk (Kunst und Kultur in Kirchheim) plant. „Wir haben eigentlich noch mit ARD und ZDF gerechnet“, sagte der Bürgermeister von Kirchheim am Neckar augenzwinkernd bei einem Pressegespräch zum Kulturevent „Kunst im Quadrat“. „Aber irgendwie müssen die im Schneetreiben stecken geblieben sein.“

 

Bundesweite Dimensionen mag das Ereignis nicht haben. Aber für eine kleine Gemeinde wie Kirchheim ist „Kunst im Quadrat“ eine große Sache, die wohl auch kreisweit ihresgleichen sucht. Drei Tage lang wird sich vom kommenden Freitag an in der Neckargemeinde alles um den kanadischen Poeten und Sänger Leonard Cohen drehen. „Ein ganzer Bus voll Mitwirkender“ weiß der Bürgermeister in diesen Tagen aktiv. An den Eckpunkten des Quadrats von Kirche, Rathaus, Alter Kelter und Storchenkelter und im Raum dazwischen werden bei der Premiere von „Kunst im Quadrat“ Gesang, Skulpturen, Malerei, ein Posaunenkonzert und ein kleiner Kunsthandwerkermarkt versuchen, den ganz eigenen Geist Cohens zu verbreiten.

Biblische Anklänge in den Texten

Auslöser für das Großereignis war eine Weinprobe im kleinen Kreise. Der kürzlich verabschiedete Dorfpfarrer Albrecht Conrad outete sich als großer Fan des kanadischen Songwriters und brachte die ambitionierte Idee ins Spiel, die Stimmung von Cohens Stücken, in deren Texten sich oft biblische Anklänge finden, in die Kirchheimer Kirche zu bringen. „Daraus ist eigentlich das ganze Kunstwochenende entstanden“, sagt Uwe Seibold.

Das Herzstück der Aktion ist eine zehnköpfige Projektband, die laut dem Sänger Thomas Nollenberger, der auch die Organisation für das Kunstwochenende übernommen hat, Cohen in ungewöhnlicher Besetzung – mit Waldhorn, Geige und Trompete – in ungewöhnlichen Eigeninterpretationen präsentieren will. Zu den neun Songs wird Pfarrer Conrad, der selbst Teil der Combo ist, einen Einblick in Leben und Lyrik Cohens geben. Die thematische Klammer, die alles zusammenhält ist eine Textzeile aus Cohens „Ring the Bell“: „There is a crack in everything, that’s how the light gets in“ (in allem ist ein Riss, durch den das Licht einfallen kann).

Das Schöne, Kaputte als Thema

Sieben Künstler der Kukuk-Gruppe haben diese Thematik in ihren Werken aufgegriffen, die im Ortskern gezeigt werden. „Thema ist das Kaputte, das insofern eine gute Seite hat, als es auch Licht ins Dunkel bringen kann“, sagt Thomas Nollenberger. Die Künstlerin Raffaela Hacke etwa beschäftigt sich in ihren großformatigen Tuschearbeiten mit Vergänglichkeit und der schönen Seite von Morbidität. Die Farbe wird nicht präzise aufgebracht, sondern wässrig verwischt, sie spielt mit fließenden, unkontrollierbaren Elementen. „Ich will zeigen, dass auch Altes schön sein kann“, sagt sie. Ihre Arbeit sei für sie auch eine Art des konstruktiven Umgangs mit dem eigenen Älterwerden.

Es wäre eine Untertreibung zu sagen, dass der kommerzielle Aspekt bei „Kunst im Quadrat“ im Hintergrund steht. „Wir bewegen uns auf jeden Fall jenseits des Profits“, sagt Thomas Nollenberger. „Am Ende wären wir froh, wenn eine dunkelrote Null rauskommt.“ Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei, einzig die Bewirtung soll ein wenig Geld in die Kasse bringen. Ein Teil der Einnahmen fließt aber gleich wieder als Spenden ab. So werden die Spenden am Cohen-Abend ausschließlich in die Sanierung der evangelischen Mauritiuskirche fließen.

Der Künstler bleibt absent

Leonard Cohen wird selbst übrigens nicht zugegen sein. „Wir haben ihn gefragt, aber er hatte vor Weihnachten keine Zeit mehr“, sagt Thomas Nollenberger mit trockener Ironie. Nächstes Jahr werde es mit einem persönlichen Treffen aber ganz sicher klappen. Dann kommt Cohen nach Mannheim. „Wir haben schon Karten.“