Toxisch sind nicht nur Pflanzen: Das internationale Künstlerkollektiv Superflex bespielt die Metzinger Innenstadt, hat sich die Sache aber zu leicht gemacht.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Metzingen - Wer nach Metzingen fährt, weiß, was er will: Designerhosen und Markenshirts zum Schnäppchenpreis oder einfach nur neue Trends. In Metzingen regiert der Konsum – und damit unübersehbar das Kapital. Für kritische Künstler ist die Outlet-Stadt also das ideale Pflaster. Wer sich künstlerisch mit Metzingen auseinandersetzt, hätte ein leichtes Spiel, das Shoppingglück zu trüben und zumindest einigen der 3,5 Millionen Touristen, die auf Trophäenjagd in der Innenstadt unterwegs sind, den Spiegel vorzuhalten.

 

Eine gute Idee also, dass die Stadt Metzingen in diesem Sommer ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum initiiert hat. Susanne Jakob, die Leiterin des Kunstvereins Neuhausen, konnte das international agierende Künstlerkollektiv Superflex locken. Das dänische Trio, das im Herbst auch die Turbinenhalle der Tate Modern in London bespielen wird, ist ein gefragtes Team, weil es sich bei seinen Aktionen und Interventionen mit sozialem Engagement und Partizipation befasst, mit alternativen Ökonomien, Markt und Marken.

Aus den Finanztempeln kriecht giftiges Grün

In Metzingen haben Rasmus Nielsen, Jakob Fenger und Bjørnstjerne Christiansen sich das Thema Kapital und Banken vorgeknöpft. Allerdings muss man mit sehr wachem Blick durch die Innenstadt laufen, um die eigenwilligen Blumentröge zu bemerken, die Superflex installiert hat. Die Künstler haben die Gebäude der Royal Bank of Canada, von Barclays und Morgan Stanley als überdimensionierte, weiße Pflanzkübel nachgebildet, die auf drei Plätzen in der Stadt stehen. Aus diesen Sinnbildern für Finanztempel wachsen Pflanzen, hübsch anzuschauen und teils sommerlich blühend. Hier Stechapfel, dort Oleander und der schnell wachsende Wunderbaum Ricinus communis – schön, aber giftig. Die Botschaft ist deutlich: Das, was die Geldjongleure der Banken säen, ist ein gefährliches Kraut, toxisch wie Wertpapiere.

Nach der Finanzkrise 2008 fertigte Superflex kleine Pflanztöpfe in Form von Bankgebäuden, die als Sockelskulpturen im musealen Kontext gezeigt wurden. Dass sie diese alte Idee für Metzingen nun einfach nur transformieren, mag noch angehen. Im Stadtraum aber funktioniert ihr Konzept nicht. Selbst wenn einzelnen Passanten die eigenwilligen, gut zwei Meter großen Kübel, aus denen das Grün herauswächst, auffallen mögen, weist nichts auf eine künstlerische Aktion hin. Nirgends finden sich Hinweise. Stattdessen stehen die drei bepflanzten Finanztempel einsam und selbstbezogen im vielstimmigen Konzert der Stadtlandschaft und verweisen nur auf eines: dass hier eine Chance für eine kluge Intervention vertan wurde. Das inzwischen wohl zu erfolgreiche Künstlerteam hat es sich etwas zu leicht gemacht.

Bis 31.Oktober in Metzingen auf dem Rathausplatz, Kelternplatz, Lindenplatz