Auf einer Wiese beim Beutwangsee in Nürtingen-Neckarhausen stand für einige Zeit ein Kunstwerk aus Metall. Der „Baldachin“ musste jetzt auf Drängen der Stadt abgebaut werden.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Ob etwas Kunst ist oder ob es weg kann, darüber wird immer wieder heftig gestritten. In Nürtingen wurde diese Frage in den vergangenen Wochen allerdings in einer anderen Form gestellt. So gab es – zumindest öffentlich – keine großen Diskussionen darüber, ob denn nun der „Baldachin“, den Zimmerermeister Martin Böhm auf einer Wiese beim Neckarhausener Beutwangsee, errichtet hatte, ein Kunstwerk ist.

 

Weggekommen ist der metallene Halbglobus in dieser Woche trotzdem. Böhm, der sich vor etlichen Jahren auch mal um den Oberbürgermeisterposten in seiner Heimatstadt beworben hatte, baute seinen „Baldachin“ wieder ab. Besser gesagt, musste ihn abbauen. Eine entsprechende Anweisung der Stadt setze der Künstler fristgerecht um und zeigte sich obendrein reumütig.

Böhm: Das war ein Fehler von mir

Zwar hatte er die Erlaubnis zum Aufstellen von Kiosk- und Biergarten-Betreiberin Sabine Weber-Henzler eingeholt, die die Wiese von der Stadt gepachtet hat, im Vorfeld aber weder mit der Neckarhäuser Ortschaftsverwaltung noch mit der Stadt Nürtingen gesprochen. „Obwohl es sich beim ‚Baldachin’ aus meiner Sicht um ein genehmigungsfreies, fliegendes Bauwerk handelt, war das ein Form- und Verfahrensfehler von mir“, räumt Böhm ein.

Ihm sei inzwischen bewusst, „dass das schon eine sensible Geschichte ist“ und deshalb verspüre er auch keine Empörung angesichts der Reaktion der Verwaltung. „Ich halte den Ball flach, bin der Forderung nachgekommen und setze jetzt auf ein versöhnliches Gespräch sowie auf einen wohlwollenden Dialog mit der Stadt“, fügt der Künstler hinzu. Er beteuert, dass er mit seinem Werk und seinem Handeln in keiner Weise habe provozieren, „sondern für Wahrnehmung sorgen wollen“.

Stadt teilt „positives Feedback“ nicht

Das mit dem Wahrnehmen ist Böhm in jedem Fall gelungen. Denn er habe – von der Ablehnung seitens der Stadt einmal abgesehen – „für das optisch ansprechende, aufwendig konstruierte und statisch abgesegnete Stahlfachwerk sehr viel positives Feedback von den Leuten“ erhalten. Von einem „Hingucker“ sei dabei ebenso die Rede gewesen, wie von einer „Aufwertung“ und einem „passenden Objekt an diesem Platz“.

Das wiederum sah und sieht die Stadt anders. Der „Baldachin“ wurde zunächst provisorisch abgesperrt, nicht zuletzt, um zu verhindern, dass darauf herumgeturnt wird und es womöglich zu Abstürzen kommt. Nürtingens Pressesprecher Clint Metzger führt einen weiteren Grund für die Rückbauforderung an: „Eine Nutzung der Liegewiese als Aufstellfläche für Kunstobjekte entspricht nicht dem Pachtzweck und wurde im Vorfeld nicht abgesprochen.“

So sei im Nachgang auch keine Genehmigung erfolgt, „da kein Bauantrag gestellt wurde, was bei einer Fläche im Außenbereich erforderlich ist“, ergänzt der Stadtsprecher. Hinzu komme, dass man Böhms Vorhaben schon bei einem Gespräch im vergangenen Jahr abgelehnt habe. „Der Bereich ist von Biotopen umgeben, sodass die Zustimmung des Landratsamts hätte eingeholt werden müssen. Zudem wären bei möglichen Verletzungen oder Beschädigungen wir als Flächeneigentümer in die Haftung geraten, da keine geeigneten Absperrmaßnahmen vorgenommen wurden“, sagt Metzger.

Auseinander gehen die Einschätzungen überdies, was die „Wirkung“ des „Baldachin“ angeht. Während der Künstler von „einer Bereicherung des Seebereichs“ spricht, erklärt die Stadt, „dass der Reiz des Naherholungsgebiets von der Natur ausgeht, weshalb hier bauliche Eingriffe möglichst gering bleiben sollen“.

Trotz des jetzt vollzogenen Abbaus hofft Böhm „auf eine Wiedergeburt“. So sei der „Baldachin“ nie als Dauerinstallation vorgesehen gewesen, könne also jederzeit wieder aufgestellt werden. Dies könne in Nürtingen sein, aber auch anderswo, fährt er fort und weist gleich auf mögliche Formen einer Nutzung hin: „Mit einem Schirm versehen, den es schon gibt, würde ein Aufenthaltsort entstehen, der sich bei Nacht auch beleuchten ließe.“ Ideen habe er jedenfalls genug, stellt der Künstler klar.