Jugendliche von 28 Kunstschulen aus dem Land porträtierten im vergangenen Herbst 138 Abgeordnete.

Stuttgart - Anna, eine 16-jährige Realschülerin aus Schönaich, dürfte Bernd Murschel noch lange in Erinnerung bleiben. Anna hat den Landtagsabgeordneten nämlich gründlich studiert und sich dann einen ganzen Tag lang Zeit genommen, um ihn in Ton zu porträtieren. Wie sie ihn zeigt, gefällt Murschel: Entspannt, zurückgelehnt sitzt der getöpferte Abgeordnete da. Obendrein trägt er kurze blaue Hosen.

 

Die blauen Hosen sind die künstlerische Freiheit, die sich Anna bei ihrer Arbeit im Rahmen des landesweiten Kunstprojekts genommen hat. Jugendliche von 28 Kunstschulen aus dem Land porträtierten im vergangenen Herbst die 138 Abgeordneten. Im November wurden die Arbeiten dann alle miteinander im Landtag gezeigt: im Halbrund sitzend, wie bei einer Sitzung. Ein „atemberaubender Anblick“ sei dies gewesen, sagt Murschel. Sein Konterfei habe er dabei übrigens sehr schnell entdeckt. Und das nicht nur der Sitzordnung wegen. Die „markante Haarbildung“ sei schließlich auffällig, sagt der Abgeordnete.

Übergabe der Tonbildnisse

Nun hat die Kunst- und Werkschule Schönaich die Tonbildnisse an die vier Landtagsabgeordneten im Landkreis übergeben: Sabine Kurtz (CDU), Paul Nemeth (CDU), Florian Wahl (SPD) und Bernd Murschel (Grüne). Murschel hat als bisher Einziger der vier sein Bildnis mitgenommen. „Das hat uns sehr gefreut“, sagt Brigitte Steindl, die Leiterin der Schule. Schließlich stecke doch eine Menge Arbeit in den Bildnissen. Der zwölfjährige Erik etwa, der sich Florian Wahl ausgesucht hatte, arbeitete einen ganzen Tag lang an seiner Figur. Am Ende, sagt seine Mutter Andrea Erbslöh, sei er völlig erschöpft gewesen: „Das war das erste Mal, das er so lange an einer Arbeit drangeblieben ist.“ Zum Dank für seine Mühe hat Wahl Erik versprochen, dass er ihn einmal in Stuttgart im Abgeordnetenbüro besuchen darf.

Die meisten ihrer Schüler, sagt Brigitte Steidl, hätten sich eher mit der Person, ihrem Ausdruck und ihrer Haltung beschäftigt als mit der Politik, für die sie stünden. „Erst als sie die Figuren bei der Ausstellung im Landtag gesehen haben, ist ihnen wohl der Kontext klar geworden“, erklärt die Kunstpädagogin.

Kunstwerk erhält einen Ehrenplatz

Für Murschel ist die kreative Begegnung eine angenehme Abwechslung gewesen. Bei der Übergabe am Sonntag in der Kunstschule entspann sich ein angeregtes Gespräch zwischen dem Landtagsabgeordneten und der Realschülerin Anna – wenn sonst Schulklassen in den Landtag kommen, bekommt Murschel eher Kritik zu hören. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum der Abgeordnete die Figur nicht nur mitgenommen, sondern auch gleich einen besonderen Platz für sie ausgesucht hat: Sie stehe jetzt im Eingangsbereich seines Hauses auf einem ausgedienten alten Ofen. Das Büro sei nicht infrage gekommen. „Da bin ich ja viel zu selten“, sagt er.