Kultur: Adrienne Braun (adr)

Im internationalen Kunstbetrieb scheint der Provokateur allerdings nicht mehr den Widerhall zu finden, den er noch vor ein paar Jahren genoss. Es ist ruhiger geworden um den 46-Jährigen. 2013 hatte er einen Auftritt auf den Mannheimer Schillertagen mit seinem Einmannstück „Generaltanz den Erzschiller“, bei dem er unablässig den Arm zum Hitlergruß reckte – aus „Scham über die deutsche Vergangenheit“, wie er erklärt, und weil er auch zeigen will, dass die Ideologie nicht in einer Geste, nicht in einem Symbol oder Ding steckt, sondern in den Köpfen.

 

Bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth hätte Jonathan Meese in diesem Sommer den „Parsifal“ inszenieren und ausstatten sollen – aber wurde doch wieder rausgeworfen. Begründung: zu hohe Kosten. Er liebe Wagner, sagt Jonathan Meese, aber man habe bei den Festspielen wohl gespürt, dass er Bayreuth entideologisieren wolle, es entheiligen. „Das haben die gerochen und gesagt: Der Typ muss weg.“ Man merkt, dass der Künstler diesen Rausschmiss immer noch nicht ganz verwunden hat. „Ich dachte, die wollen den Umbruch, das hab’ ich echt gedacht.“

Seinem Pforzheimer Publikum gab Meese mit auf den Weg: „Mach einfach mal nicht mit, das ist die Zukunft.“ Nicht Ideologien folgen, sondern handeln, am besten mit Liebe. Und während mancher noch überlegt haben mochte, wie sich dieses Plädoyer konkret auf die eigene Arbeit als angehender Schmuck-, Produkt- oder Modedesigner übertragen lässt, nutzte einer die Gunst der Stunde und schlug Meese ein Tauschgeschäft vor. Er wolle ihm etwas schenken, so der junge Mann und übergab Meese einen Kunststoffschlauch, in den er sein eigenes Blut gefüllt hatte. Worauf Meese beherzt seine Socken auszog und weiterreichte mit den Worten: „Die hat meine Mama gewaschen.“