Anna Ziegler studiert Objektrestaurierung an der Kunstakademie. Den Studiengang gibt es nun seit 25 Jahren.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Vorsichtig bewegt sich der kleine Schaber über das Messer, entfernt minimale Teile der Ablagerungen, die sich darauf befinden. Das Messer liegt unter dem Mikroskop, so kann Anna Ziegler genau sehen, wie die Oberfläche aussieht und wo sie das Werkzeug ansetzt.

 

Das Messer ist nicht irgend eines: Es stammt aus dem Grab einer Dame, die im 7. Jahrhundert gelebt hat. Der Inhalt dieses und eines weiteren Grabes ist eine Leihgabe des bayerischen Landesdenkmalamts und wird momentan von Studenten des Studiengangs „Konservierung und Restaurierung von archäologischen, ethnologischen und kunsthandwerklichen Objekten“ restauriert. Dabei geht es vorwiegend um organische Überreste auf dem Messer und anderen Objekten: „Aus der Zusammensetzung des organischen Materials kann man schließen, was es einmal war“, erklärt Anna Ziegler. Denn nur weil etwas verwest ist, heißt das nicht, dass es keine Spuren hinterlässt.

Die Kulturgeschichte ist wichtiger Hintergrund

Ziegler ist 25 Jahre alt und studiert im fünften Semester. „Ich habe eine Ausbildung zur Holzbildhauerin gemacht“, erzählt sie. „Die manuelle Arbeit hat mir gut gefallen, aber es fehlte etwas.“ So hat sie sich umorientiert und zunächst drei Jahre lang bei verschiedenen Restauratoren als Praktikantin gelernt, was die Arbeit eines Restauratoren ausmacht. Dann hat sie sich für den Studiengang an der Kunstakademie beworben. Die Studenten besuchen Vorlesungen, arbeiten aber auch von Anfang an mit Objekten, die aus Denkmalämtern, Stiftungen oder Kunstsammlungen an den Weißenhof kommen. Im vergangenen Semester etwa hat sich Anna Ziegler mit zwei tibetischen Mönchsfiguren beschäftigt, die aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert stammen. „Wenn man mit der Restaurierung eines Objekts beginnt, ist es wichtig, sich zunächst zu informieren“, erklärt sie. „Wie ist der kulturgeschichtliche Hintergrund? Wie wurde das Objekt hergestellt, von wem und warum? Gibt es Schäden, sind diese abgeschlossen oder entwickeln sich weiter neue Schäden?“ Die Mönchsfiguren wurden fotografiert, geröntgt und unter dem Mikroskop inspiziert. „Als ich den Herstellungsablauf nachvollziehen konnte, habe ich ein Konzept zur Konservierung und Restaurierung erstellt“, erzählt Anna Ziegler.

Ein Labor als Quarantänestation

Eine Rolle spielt auch die künftige Bestimmung des Objektes: Soll es ausgestellt werden oder wandert es in einen Lagerraum? Bei den beiden Mönchsfiguren hat die 25-Jährige sich dafür entschieden, die Bemalung, die viele Sprünge aufwies, zu restaurieren und mit einer vorsichtigen Punktretusche das Gesicht einer Figur wieder sichtbarer zu machen. Alles, was sie vornahm, hat sie genau schriftlich dokumentiert: „Wenn ein Restaurator später dieses Objekt wieder bearbeitet, muss er genau nachvollziehen können, was ich gemacht habe“, erklärt Anna Ziegler.

Neben Arbeitsräumen stehen den Studenten auch chemische Labors zur Verfügung, wo etwa eigener Kleber angemischt wird: „Nur so wissen wir, welche Stoffe darin enthalten sind, und können entscheiden, ob er für das jeweilige Objekt geeignet ist“, so Ziegler. Eines der gefliesten Labors ist zeitweise auch als Quarantänestation eingesetzt worden: Als die Studenten im Sommer 2013 ein antikes Pferdegeschirr aus Villingen-Schwenningen zur Restaurierung bekamen, stellte sich heraus, dass es von Schimmel befallen war. Es musste sichergestellt werden, dass der Schimmel sich nicht auf andere Artefakte ausbreitete.