Anfang März gibt es wieder reichlich Kunst in Läden und Firmen von Leinfelden und Echterdingen zu bewundern. Wir haben zwei Künstlerinnen gefragt, warum sie bei „Kunst bewegt LE“ mitmachen.

Leinfelden-Echterdingen - Pflanzen vor Pflanzen zeigen – auch das ist eine Kunst. Petra Steidel Wokeck und Ulrike Hess üben sich gerade darin. Die eine ist freischaffende Künstlerin, die andere betreibt gemeinsam mit ihrer Schwester Beatrix ein Blumenfachgeschäft in Leinfelden. Es gilt, die Werke von Petra Steidel Wokeck so zu platzieren, dass sie ins Auge stechen – obwohl es in dem Laden an der Echterdinger Straße auch sonst schon viel zu entdecken gibt. Die Aktion „Kunst bewegt LE“ hat die beiden Frauen zusammengeführt. Vom 2. März an präsentieren zahlreiche Einzelhändler und Firmen in Echterdingen und Leinfelden die Werke ganz unterschiedlicher Künstler.

 

Petra Steidel Wokeck macht bei der stadtteilüberspannenden Ausstellung zum ersten Mal mit. Ulrike Hess ist von Anfang an dabei. „Die Opulenz dieser Bilder kann für unsere Kunden eine Anregung sein, was man aus einer Pflanze alles machen kann“, sagt die Händlerin. „Meine Bilder in immer wieder anderen Zusammenhängen zu zeigen, macht mir viel Spaß“, sagt Petra Steidel Wokeck.

Winzige Insektenspur wird zum Hingucker

Die Kreative wohnt und arbeitet eigentlich in Degerloch. In einer Galerie präsentiert sie ihre Werke und betreibt, wie sie sagt, Fotokunst. Will heißen sie fotografiert nicht einfach nur. Sie arrangiert Pflanzen, Knospen, Blumen und Samen zu Stillleben, bevor sie auf den Auslöser drückt. Ein Streifen auf einem Tulpenblatt – und damit eine Laune der Natur – inspiriert sie zu mehr. Eine winzige Insektenspur auf einem Blatt wird durch den Sucher ihrer Kamera zum großformatigen Hingucker. „Ich komme eigentlich von der Malerei“, sagt sie. Nachdem sie mit Mann und Kindern auf Dominica – einer Karibikinsel – gelebt hat, hat ihr das Fotografieren geholfen, wieder in der Heimat anzukommen. Auf der Suche nach Motiven für die Malerei ist sie mit einer Kamera durch den Wald gezogen. „Dann aber haben mir die Fotos gefallen“, sagt sie. Aus der Malerin wurde eine Fotokünstlerin. Dazu passt, dass bei dieser Auflage von Kunst bewegt LE die Fotografie im Mittelpunkt steht.

Bunte Stellwände und Säulen, die sich auch quer legen lassen: Ulrike Hess hat viele Ideen, wie die Kunstwerke von Steidel Wokeck ins rechte Licht gerückt werden können. Man merkt, sie hat schon viele solcher Ausstellungen vorbereitet. Sie macht bei Kunst bewegt LE mit, weil sie den Verbund der Gewerbetreibende unterstützen will. „Während der Ausstellung kommt ein anderes, kunstinteressiertes Publikum in den Laden“, sagt sie. Der Umsatz aber sei dadurch noch nicht in die Höhe geschnellt.

Farbenfroh sind auch die Bilder von Inge Marie Pfeiffer – einer pensionierten Ärztin. Sie malt, um wichtige Momente ihres Lebens und auch der Weltgeschichte festzuhalten. „Sie ist schon mit dem Pinsel auf die Welt gekommen“, sagt ihre Tochter Katharina Pfeiffer. Die Mutter sagt: „Ich hatte einen Malkasten für die Schule.“

Nur auf den ersten Blick sind die Werke heiter

Auf den ersten Blick wirken Pfeiffers Malereien freundlich und teils auch heiter. Hinter jedem ihrer Werke aber steckt eine dramatische Geschichte, die Pfeiffer bis ins kleinste Detail zu erzählen weiß. Menschliche Schicksale stehen im Mittelpunkt. Die Malerin zeigt Flüchtlinge, die durch die Wüste ziehen, fest entschlossen, das alte Leben hinter sich zu lassen. Ihre Bilder erzählen von Kindern, die behutsam von überfüllten Flüchtlingsboote gehievt werden. Die 79-Jährige hat auch scheinbar sorglose Jugendliche im Gazastreifen gemalt, die sich damit beschäftigten, im Salto über Trümmerhaufen zu springen. Die Frau, die in ihrer Kindheit selbst zwischen Trümmern spielte, bannt Bilder, die andere möglichst schnell aus ihren Köpfen verdrängen wollen, auf die Leinwand. So verarbeitet die Vielbelesene ihre Gedanken zu Nachrichten aus aller Welt. Mit dem Ergebnis schmückt die Dame dann ihre lichtdurchflutete Wohnung an der Plieninger Straße. „Diese Freiheit nehme ich mir“, sagt sie.

Das Trennen von den Bildern fällt ihr schwer

„Die Malerei ist Ausdruck ihrer Seele“, sagt die Tochter. Deshalb könne sich ihre Mutter auch nur schwer davon trennen. Zwölf ausgewählte Werke werden dennoch im Rahmen von Kunst bewegt LE in der Echterdinger Bank zu sehen sein. Martin Kittelberger, Vorstandsmitglied der Echterdinger Bank, hat Inge Marie Pfeiffer gefragt, ob sie ihre Bilder dort ausstellen wolle. „Ja, das ist okay“, hat die sympathische Frau geantwortet. Kittelberger saß damals auf dem Sofa von der Künstlerin und hat sich bei einer Tasse Kaffee ihre Kunst zeigen lassen. „Das sind unglaublich tolle Bilder“, sagt er unserer Zeitung. Die Bank hat den Neubau, in dem sich Pfeiffers Wohnung befindet, finanziert. So hat man sich kennengelernt.

Vor einem Jahr ist Pfeiffer aus Essen nach Echterdingen gezogen. Über ihre neue Heimat sagt sie: „Ich bin sehr glücklich hier.“ Die Leute seien freundlich und höflich – auch zu Fremden. Sie freut sich darauf, bei Kunst bewegt LE mehr Leute von diesem Menschenschlag und der örtlichen Kunstszene kennenzulernen.

Vernissage und Finissage

Die Aktion Kunst bewegt LE beginnt am Freitag, 2. März, mit der Vernissage um 18 Uhr in der Stadtbücherei Leinfelden am Neuen Markt. Es sind im Rahmen des Blind Dates – also der Vergabe der Werke – Bilder der Fotografin Hansi Müller-Schorp zu sehen. An dem Abend sind die teilnehmenden Geschäfte im Stadtteil bis 22 Uhr geöffnet. Die Bilder können in den Läden in Echterdingen erstmals am Samstag, 3. März, angesehen werden. Schluss ist am Freitag, 16. März, mit der Finissage um 18 Uhr in der Zehntscheuer Echterdingen, Maiergasse 8. Die teilnehmenden Geschäfte im Stadtteil Echterdingen haben bis 22 Uhr geöffnet. Die Bilder und anderen Kunstwerke sind während der Aktionszeit in den Geschäften zu deren Öffnungszeiten zu sehen.