Der Land-Art-Künstler David Klopp baut mitten in Schorndorf ein temporäres Mahnmal auf, das Passanten animieren soll, sich mit der Flüchtlingsfrage auseinanderzusetzen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Schorndorf - Direkt vor der altehrwürdigen Stadtkirche mitten in der Altstadt von Schorndorf, umrahmt von Fachwerk und Spätgotik, steht ein weiß-roter Leuchtturm. Sabrina, 14, schreibt zwei Worte – „meine Freunde“ – auf ein rundes Etikett und klebt es auf das fünf Meter hohe Konstrukt. Es ist ihre Antwort auf die Frage „Was würdest du vermissen, wenn du von zuhause flüchten müsstest?“, die ein wenig weiter oben in einem beleuchteten Bullauge gestellt wird.

 

Mitmachaktion statt Trauerzeremonie

Acht solcher Fragen hat David Klopp in sein Werk integriert, das Teil der Aktionswochen Seenot und Flucht ist. Die sind in in diesen Tagen von einem Bündnis aus verschiedenen Schorndorfer Akteuren eingeläutet worden, die sich für Demokratie, mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft und ein Bewusstsein über globale Verantwortung, sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz einsetzen. Der Leuchtturm, der am Freitag vor der Stadtkirche und am Samstag auf dem Marktplatz aufgebaut wurde, sollte Passanten dazu anregen, eigene Positionen zu überdenken – und eigene Botschaften und Gedanken zu kommunizieren.

Für den Landart-Künstler David Klopp, der zuletzt mit einigen Installationen bei der Remstal-Gartenschau Aufsehen ausgelöst hatte, war das Projekt eine ganz neue Herausforderung. Eigentlich, sagt er, sei er von Akteuren des Eine-Welt-Ladens angesprochen worden, ob er sich etwas für eine Trauerzeremonie an der Rems einfallen lassen könne. Klopp machte sich Gedanken und kam zu dem Schluss, dass eine Trauerzeremonie möglicherweise nur ein begrenztes Publikum anziehen würde und er lieber ein lebendiges Kunstprojekt schaffen, das möglichst viele Menschen zum Mitmachen anregen würde. Bei der selbstgestellten Frage, „Was symbolisiert eine sichere Küste?“, fiel ihm spontan der Leuchtturm ein, und als geeigneter Ort: mitten dort, wo in der Stadt das Leben fließt und pulsiert.

Bei der Umsetzung haben ihm dann zwei Männer geholfen, die ihm schon teilweise bei seinen Gartenschauprojekten zur Hand gegangen sind. Wolfgang Schmid, Schreinermeister im Ruhestand aus Remshalden, trug zum Gelingen der Konstruktion aus Dachlatten und Sperrholzplatten bei, denen Klopp mit sechs Farbschichten ihre Strahlkraft verlieh. Und der Weinstädter Maschinenschlossermeister und Metallkünstler Albrecht Rühle kümmerte sich um Dächlein, Zusammen- und Aufbau des achteckigen Gebildes, bei dem unter anderem ein Kran eingesetzt werden musste.

Was bist du bereit zu teilen?

Schon am ersten Tag zeigte sich, dass das Konzept aufgeht. Auf zahlreichen Aufklebern konnte man nachlesen, dass sich die Passanten höchst unterschiedliche Gedanken gemacht haben und einiges deutetet darauf hin, dass sich das Projekt zu einem generationsübergreifenden ausgewachsen hat. Auf David Klopps Lieblingsfrage „Was verbindet uns?“ etwa fanden sich rein naturwissenschaftliche (Moleküle), aber auch philosophische Erklärungen (...dass wir Menschen mit Gefühlen, Bedürfnissen, Wünschen sind). Unterschiedlich fielen die Prioritäten aus, wenn man nur eine Sache mit auf die Flucht nehmen könnte: Die Bandbreite reicht von Hoffnung bis Kuscheltier. Annette Oehler vom Kreisdiakonieverband hat ein anderer Aufkleber ganz besonders berührt, den am Morgen eine junge Frau angebracht habe, die aus Syrien geflüchtet sei und in Schorndorf Asyl gefunden habe. Auf die Frage „Was bist du bereit zu teilen?“ habe sie geschrieben: „Meine Liebe“.

David Klopp kann sich vorstellen, seinen Leuchtturm als Kommunikationsplattform auch zu anderen Anlässen an anderen Orten auszuleihen. Wer Interesse hat, kann ihn direkt kontaktieren – am besten per Mail an david@kloppmail.de.