In der aktuellen Ausstellung "Car Culture" im ZKM in Karlsruhe wird jetzt ein für alle Mal gezeigt, was alles mit Autos möglich ist.

Stuttgart - Was kann man nicht alles mit Autos machen: Man kann mit ihnen nach Italien fahren, kann in ihnen schlafen oder essen oder Sex haben. Man kann mit ihnen stundenlang im Stau stehen, schwitzen und fluchen. Man kann mit ihnen gegen eine Wand oder ein anderes Auto fahren. Und wie mit fast allen Dingen: man kann Kunst daraus machen.

 

In der aktuellen Ausstellung "Car Culture" im ZKM in Karlsruhe wird jetzt ein für alle Mal gezeigt, was alles mit Autos möglich ist: Da sind zwei aus Holz nachgebaut und verschachtelt, dass es aussieht, als wären sie ineinandergerast, und einem roten Laster ist das Hinterteil an der Wand hochgebogen, als wäre er aus Gummi wie in einem Trickfilm. Eine Limousine ist so ausbalanciert, dass sie nur noch von einem Filzstift gehalten wird; ein Cabrio ist mit Altöl gefüllt, dass das Innere eine einzige schwarze, spiegelnde Fläche ist. Einem Convertible wurden die Seitentüren ausgebeult, und die Polster sind derart aufgequollen, dass es innen und außen zu einem kleinen Dickerchen mutierte. Reinsetzen kann man sich da nicht mehr.

Das ZKM zeigt den Mehrfachcharakter des Autos

Alles ist möglich und alles wird gemacht. Schon 1969 hat der Künstler Wolf Vostell gesagt: "Das Auto ist die Plastik des zwanzigsten Jahrhunderts." Was lag näher, als daraus eine künstlerische Plastik zu machen. Zumal schon damals absehbar war, dass das Automobil uns nicht nur eine größere Mobilität schenkt, sondern auch Probleme. Viele Städte wurden damals "autogerecht" umgemodelt, was meistens hieß, dass ganze Altstadtviertel abgerissen wurden oder durch breite Einfallstraßen zerstört. Und schon damals nahm der Verkehr derart zu, dass sich für sensible Geister bereits deutlich der Kollaps auf den Autobahnen abzeichnete.

Das ZKM zeigt den Mehrfachcharakter des Autos: als Spiel und im Ernst, als Symbol für Status und für Absurditäten. Ein witziges Spiel ist, wenn man in einen VW Käfer 1300 klettert, der in vier Metern Höhe hängt, gehalten von 160 Expanderbändern, und sich dann drehen lassen kann, fast wie auf dem Jahrmarkt.

Die meisten Ausstellungsobjekte sind ernsterer Natur

"Gimme Gummi" heißt die Arbeit von Hofmann, Moises und Schatzl, ein ironischer Reflex auf den Rausch der Geschwindigkeit: Ursprünglich wollten sie, dass das Auto so schnell kreiselt, dass es sich vor unseren Augen auflöst. Da wäre dann der Spaß für den Insassen vorbei.

Die meisten Ausstellungsobjekte sind ernsterer Natur. Denn es kommt wie erwartet und wie auch ZKM-Vorstand Peter Weibel sagte: "Die Sicht der Künstler auf das Auto ist nicht so optimistisch wie die der Autobauer." Und so denken einige Künstler an die todbringenden Aspekte des Autos wie Miquel Barcelí, der in seiner Bronzeskulptur "Mobili" einen Rennwagen so geformt hat, dass er von vorne wie ein Totenkopf aussieht. Friedemann Flöther hat in "Pole Positions" zerbeulte schwarze und weiße Bleche zu einer überdimensionalen Formel-1-Starterflagge angeordnet. Manche betrachten das Statussymbol kritisch wie Elmgren & Dragset, die einen Rolls-Royce mit Teer und Federn überzogen haben, oder Ecke Bonk, der einen Trabi schwarz glänzend wie eine Luxuskarosse auf einer Drehbühne präsentiert - und im Hintergrund hört man Zitate von Marx und Engels.

Zum Auto ist anscheinend alles schon gesagt

Neue Erkenntnisse wird man in dieser Ausstellung, die zum baden-württembergischen "Automobilsommer 2011" konzipiert wurde, nicht gewinnen, dazu fehlt eine stringente Ausstellungsarchitektur. Im ZKM ist der Raum einfach vollgestopft, es ist auch zu laut, und man vermisst einen über das Offensichtliche hinausgehenden Zugang, eine irgendwie weiterführende Theorie. Zum Auto ist anscheinend alles schon gesagt. Nein, eines noch nicht: dass es in Karlsruhe erfunden wurde. Gleich mehrfach behauptete Weibel das während einer Führung - es scheint den Karlsruhern sehr wichtig zu sein. Aber wenn Weibel schon auf das Patent verweist, das in der Ausstellung ganz hinten links in der Ecke hängt, gleich neben seinem eigenen Werk, dann sollte er es auch einmal lesen: "Mannheim" steht drauf.

Auch die ergänzende, vor allem historische Ausstellung über die Entwicklung der Telekommunikation, von Heinrich Hertz' Experimenten bis zu den neuesten iPhone-Apps, hängt ein wenig wacklig an "Car Culture", indem Weibel einen mutigen assoziativen Bogen von "Automobil" über "Mobil" zu "Mobilfunk" schlägt und dabei etwas unkritisch von den sozialen Netzwerken spricht, die uns Mobilität und Mobilfunk bescheren würden. Dass beides soziale Kontakte auch zerstört, verschweigt er leider.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 8. Januar 2012. Der Katalog im ZKM-Eigenverlag kostet 24,90 Euro.