Das Kunstforum feiert sein 25-jähriges Bestehen mit 83 Arbeiten von 83 ehemaligen Ausstellern.

Weil der Stadt - So manche Überraschung hat der Ausstellungsbesucher beim Kunstforum in den vergangenen Jahren bereits erlebt. Da durchströmte ein betörender Duft nach frischem Heu die Weiler Wendelinskapelle, als Annette Voigt einen riesigen Heuhaufen in den Raum transferiert hatte, da meinte man den Geruch nach feuchtem Kalk in einer tristen Kapelle in Italien zu verspüren, der Marinus van Aalst zu seiner Installation „Kalklöschen“ inspiriert hatte. Und man wunderte sich und rätselte, ob der Absturz des raumfüllenden Mobiles der Kunststudenten aus Halle an der Saale gewollt oder ein Unfall war. „Ihr habt wirklich Grund zum Feiern, und für mich persönlich und meine Studierenden ist unsere Ausstellung bei Euch immer noch als einmaliges, unvergessliches Ereignis in Erinnerung und wird als Erzählung inzwischen weitergetragen, damals in Weil der Stadt...’“ hieß es jetzt in einem Brief der Professorin Andrea Zaumseil aus Halle, die selber in der Ausstellung mit monochromer Pastellmalerei vertreten ist.

 

Kunst in die Provinz holen

„Damals in Weil der Stadt“, das beinhaltet für die Historie des Kunstforums den Beginn im Jahr 1994, als das Ehepaar Pees mit einer großzügigen Spende die Gründung, an der auch der ehemalige Bürgermeister Hans-Josef Straub beteiligt war, ins Rollen brachte. Zum einen wollte man die Kunst, die im Wesentlichen in den Hotspots der Kultur zu Hause ist, in die Provinz holen. Zum anderen gab es in Weil der Stadt die schöne Wendelinskapelle, einen profanierten aber immer noch auratischen Ort mit besten Lichtverhältnissen. Die erste Ausstellung bestritt Ende 1994 der Weil der Städter Künstler und Mitbegründer des Forums, Horst Peter Schlotter, über Jahre zweiter Vorsitzender, und nicht nur vom neuen ersten Vorsitzenden Marko Burghard wegen seiner fachlichen Kompetenz und Energie hochgelobt.

Und aktuell: Wie schafft man es, so viele Künstler und so viele unterschiedliche Arbeiten in einem Raum zur Geltung zu bringen? Um keinen Dissens zwischen dem Nötigen und Möglichen aufkommen zu lassen, hieß es in Schlotters Aufruf an die Ehemaligen: „So klein wie möglich und so groß wie nötig“! Und tatsächlich ist es gelungen, eine harmonische Anordnung der künstlerisch so vielfältigen Arbeiten zu schaffen, von altmeisterlicher Malerei bis zur Konzeptkunst, von der Zeichnung bis zur Skulptur. In seiner Einführungsrede am Samstag bei der Vernissage erklärte Horst Peter Schlotter, er sei beim Aufbau nicht nur intuitiv vorgegangen, sondern habe unterschiedliche künstlerische Positionen veranschaulichen wollen. Eine Art von Geschlossenheit sollte entstehen und ein ästhetisches Wohlgefühl für den Ausstellungsbesucher.

„Die Seele muss vom Reittier steigen“

Und da gibt es ja noch den Wiedererkennungswert, der Erleichterung für den Betrachter schafft, zumal zahlreiche lokale Künstler vertreten sind. Joachim Kupke mit „Himmel über Delft (corrected Banksy)“, Klaus Kugler mit „Ruine im Wald“, Karl Heger mit „Heudreizack“, Rudi Weiss mit „Stein 33/02“, Susanne von Eltz mit „Kaisergranat“, Marinus van Aalst mit „Die Seele muß vom Reittier steigen“, Agnes Schmidt-Schöne mit „Was man in sich trägt“, Veit Heller mit „Leporello“, Hans Mendler mit „Der reitet mit dem Teufel“, Linde Wallner mit einer brandneuen Keramik und nicht zuletzt Horst Peter Schlotter mit einer Collage „Ohne Titel“. Die Kunstfreunde, die häufig die Ausstellungen des Kunstforums besuchen, können darüber hinaus ihre Favoriten neu entdecken, zumal andere oder neue Arbeiten ausgestellt sind.

Was die Natur an Wunderdingen vollbringt, zeigt beispielsweise Nikolaus Cinettos Holzdruck auf Zeichenfolie oder Angela M. Flaigs „Distelfläche“. Daniel Wagenblasts bemalte Holzfigur „Schokoelefant“ hat mit der Natur dagegen weniger zu tun. Hier ist Ironie und Witz im Spiel. Im Betonguss von Thomas Schuster ist das „Tier“ kaum zu erkennen, aber der für ihn typische schmale Grat zwischen Vertrautem und Befremdlichem, und der wie aus der Antike stammende Kopf aus Schafwolle von Stefanie Ehrenfried zeigt höchste Präzision im Umgang mit einem unedlen Material. Ja, man kann sie wiedererkennen, die ehemaligen Aussteller, selbst Renate Hoffleit in ihrer Bronze im Taschenformat mit dem Titel „Freudentränen“ oder Nina Joanna Bergold mit der raumgreifenden skulpturalen Arbeit „Kleine Schauklerin“ aus Teichfolie. Ein ungewöhnliches Material unterstreicht nicht nur bei dieser Künstlerin das Alleinstellungsmerkmal und die Wiedererkennbarkeit.

Gattungsübergreifende Themen

Die Kuratoren des Forums bedienen ein breites Künstlerspektrum mit dem Schwerpunkt Südwesten, aber auch Künstler aus anderen Bundesländern und aus dem europäischen Ausland, Junge und Etablierte, ehemalige und tätige Professoren. Mensch, Natur, Technik und die Kunst selbst sind die gattungsübergreifende Themen, realistisch, surreal, konstruktiv, erzählerisch, ironisch-witzig oder spielerisch die Herangehensweise. Wie groß die Bandbreite und wie hoch die Qualität der Ausstellungen in 25 Jahren Kunstforum war, zeigt diese sehenswerte Ausstellung, die das mittels Präsentation Machbare mit dem Wünschenswerten vereint.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist noch bis zum 6. Oktober zu sehen. Öffnungszeiten: Freitag, 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag, 11 bis 17 Uhr. Finissage: Sonntag, 6. Oktober, 16 Uhr, mit Kunst im Gespräch/Künstlertreff. Infos auch unter www.kunstforum-weilderstadt.de