Film, Kunst, Theater: das Land plant, das Kunstgebäude am Schlossplatz in Zukunft interdisziplinär nutzen zu lassen. Eine Programmkonferenz soll die Themen und Veranstaltungen erarbeiten.

Stuttgart - Im nächsten Jahr zieht der baden-württembergische Landtag aus dem Kunstgebäude am Schlossplatz wieder aus. worin er während der Sanierung des Landtagsgebäudes eine vorübergehende Bleibe gefunden hat. Was mit dem von Theodor Fischer zu Beginn des 20. Jahrhunderts entworfenen und nach dem Zweiten Weltkrieg von Paul Bonatz wieder aufgebauten Haus passieren soll, wenn die Politik an ihren Stammsitz im Oberen Schlossgarten zurückkehrt, erläuterten Finanzminister Nils Schmid (SPD) und Kunststaatssekretär Jürgen Walter (Grüne) am Freitag in einer Medienkonferenz im Neuen Schloss.

 

Klar ist demnach, dass das Kunstgebäude nach der Interimsnutzung durch das Landesparlament wieder für eine kulturelle Nutzung zur Verfügung stehen soll und nicht – wie zwischendurch gerüchteweise verlautete – von der Politik auf Dauer kassiert wird. Klar ist ferner, dass es keine Fortsetzung der Großen Landesausstellungen mehr geben wird, die bis 2012 mal Eiszeitkunst, mal Römer, dann wieder Kelten oder Fußball im Kunstgebäude einquartierten. Das Konzept sei überholt, heißt es.

Weniger klar ist, was man sich unter dem „alternativen Nutzungskonzept“ vorzustellen hat, wonach sich der Bau zu einem „Ort aller zeitgenössischen Künste mit internationaler Strahlkraft“ mausern soll. Interdisziplinär soll es nach dem Willen der Politik fortan im Kunstgebäude zugehen. Mit einem Neben- und Miteinander von Film, Kunst, Theater und Festivals will man nach Walters Worten „was ganz Neues auf die Beine stellen“. Unerwünscht ist dagegen eine „monothematische Nutzung“. Alle Bestrebungen, unter der hirschbekrönten Kuppel dem Kommunalen Kino Obdach zu gewähren oder der Architekten- und Designszene eine Plattform zu bieten, wurden deswegen abgeschmettert. Stattdessen ist man zu Großem und „Einmaligem“ entschlossen, das sich aber – wenn überhaupt – erst sehr vage abzeichnet.

Gesellschaftsrelevante Themen

Vorerst hat ein „moderierter, mehrstufiger Beteiligungsprozess mit Kulturschaffenden“ aus Stuttgart stattgefunden, aus dem eine Arbeitsgruppe, bestehend aus den Direktionen des Württembergischen Kunstvereins, des Staatsschauspiels und des Rampe-Theaters, mit einem Konzeptpapier hervorgegangen ist. Sie schlägt nun vor, basierend auf der interdisziplinären Zusammenarbeit zahlreicher Institutionen mehrjährige Programmschwerpunkte zu „gesellschaftsrelevanten und aktuellen Themen“ zu veranstalten. Als Beispiele für solche inhaltlichen Schwerpunkte werden das „Bauhaus-Jubiläum, Interkultur oder Urbanismus“ genannt.

Ein Intendanten-Modell lehnt die Gruppe jedoch ab. Sie favorisiert stattdessen eine „Programmkonferenz“ von „internationalen Experten“ aus verschiedenen Sparten, die themenbezogene Programme erarbeitet. Die Verfasser des Konzeptpapiers sind überzeugt, dass es sich bei der Programmkonferenz um eine „hochinteressante, zukunftshaltige Konstellation“ handelt, die „zur Internationalisierung der Kulturszene im Land“ beitragen werde. „Der große Charme des Konzepts liegt in der Einbeziehung der lokalen Ressourcen und der mutigen Hybridität, ohne Gefahr zu laufen beliebig zu werden“, schreibt die Gruppe selbstbewusst in einem Papier zur Zukunft des Kunstgebäudes. Armin Petras verwies in dem Pressegespräch auf existierende Beispiele spartenübergreifender Praxis wie die Berliner Volksbühne, die künftig von dem Ausstellungskurator und bisherigen Leiter des Münchner Hauses der Kunst und der Londoner Tate Modern Chris Dercon geführt wird. „Wir wollen bestehende Konzepte aber radikalisieren“, sagte der Stuttgarter Theaterintendant.

Einen Manager und einen Etat braucht das Kunstgebäude gleichwohl. Der Fi- nanzminister lässt darum eine Machbarkeitsstudie erarbeiten, in der nicht nur die Investitions- und Folgekosten der inhaltlichen Neuausrichtung, sondern auch der finanzielle Aufwand für die bauliche Ertüchtigung des Hauses berechnet werden sollen. Nils Schmid möchte das Ergebnis der Studie in der ersten Hälfte 2016 vorlegen. Starten könnten die neuen Aktivitäten dann frühestens 2017, denn nach dem Auszug des Landtags müssen die Räume für die Zwecke der nachfolgenden Nutzer erst umgerüstet werden. Dabei wird auch der Denkmalschutz ein gewichtiges Wort mitzureden haben. Schmid und Walter sind aber bereit, Geld für die neue Kultureinrichtung des Landes in die Hand zu nehmen, denn zu Lasten bestehender Institutionen soll der neue Künstetempel nicht gehen.