Das Kunstgebäude am Stuttgarter Schlossplatz soll nach dem Auszug des Parlaments wieder der Kultur dienen. Aber wie und mit wem wird es bespielt werden? Darüber gehen die Meinungen auseinander.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Politik zu machen mag eine große Kunst sein. Trotzdem hält das Kunstgebäude derzeit nur bedingt, was sein Name verspricht. Bis 2016 residiert in dem Gebäude das Parlament; der Kuppelsaal wird als Plenarsaal genutzt. Diese Zwischennutzung hat in den vergangenen Monaten manche Visionen beflügelt: Was tun mit dem markanten Gebäude am Schlossplatz, wenn die Politik in den sanierten Landtag zurückzieht?

 

Die Überlegungen, hier das neue Bürger- und Medienzentrum unterzubringen, sind vom Tisch, und inzwischen ist man sich weitgehend einig, dass das Kunstgebäude auch in Zukunft wieder ein Gebäude für Kunst und Kultur sein soll. Uneinigkeit besteht allerdings bei der Frage, wie das Haus bespielt werden könnte. Im März hat der Kulturstaatssekretär Jürgen Walter deshalb eingeladen zu einer ersten Runde, bei der Vorschläge gesammelt wurden.

Kontroverse Meinungen um Nutzung

Für Walter selbst ist klar, dass das Kunstgebäude künftig nicht mehr ausschließlich für bildende Kunst und Ausstellungen genutzt wird, sondern mehrere Sparten vertreten sind. „Was sicherlich nicht sein kann ist, dass eine Institution das Haus besetzt“, sagt Walter. Deshalb ist es für ihn auch ausgeschlossen, dass hier ein neues Filmhaus entstehen könnte. Während der Animationsfilmmesse FMX oder der Trickfilmtage könne das Kunstgebäude sehr wohl für Filmvorführungen genutzt werden. Aber grundsätzlich will er einen Ort, „an dem ein lebendiger Austausch von Kulturschaffenden stattfindet“, sagt Jürgen Walter.

Susanne Eisenmann, die Kulturbürgermeisterin der Stadt, sieht das ganz anders. Sie hält ein Film- und Medienhaus für sinnvoll, „das passt zum Württembergischen Kunstverein“, meint sie – der Kunstverein bespielt den Glastrakt und den Vierecksaal des Hauses. Für Eisenmann ist es wichtig, „dass das Kunstgebäude eine Handschrift hat“, es solle „kein offenes Haus sein, das jeder mieten kann, um Kultur zu machen“.

Für Eisenmann ist es selbstverständlich, dass sich die Stadt an der Diskussion beteiligt, auch wenn das Kunstgebäude dem Land gehört. „Wir sehen uns als Partner und wollen ein konstruktiver Gesprächspartner sein“, sagt Eisenmann, deshalb sei sie auch „als Zuschussgeber gesprächsbereit“.

Architektur und Design könnten eine Rolle spielen

Hans D. Christ, der mit Iris Dressler den Württembergischen Kunstverein leitet, wünscht sich vor allem, dass das Gebäude zeitgenössisch ausgerichtet wird, er könnte sich gut vorstellen, dass hier künftig auch Architektur und Design eine Rolle spielen, weist aber darauf hin, dass es „hier im Moment mehr Nachholbedarf im Segment des Films gibt“.

Ähnlich sieht man das auch beim Stuttgarter Künstlerbund, der ebenfalls in dem Gebäude untergebracht ist. „Ideal wäre – eigentlich ganz im Sinne der Erbauer – ein multifunktionaler Ort, der viele Kunstrichtungen der Gegenwartskunst miteinander verbindet und Begegnungen mit Künstlern ermöglicht“, erklärt die Sprecherin des Vereins, Stephanie Naglschmid, die sich ebenfalls vorstellen kann, dass ins Kunstgebäude Malerei, Design, Musik, Film, Fotografie und moderne Medien einziehen.

Staatssekretär hofft auf unkonventionelle Vorschläge

Sicher ist, sagt der Staatssekretär Walter, dass es keine Großen Landesausstellungen mehr im Kunstgebäude geben wird. Das Landesmuseum Württemberg, das Linden-Museum und das Haus der Geschichte würden ihre großen Sonderausstellungen künftig in ihren eigenen Räumlichkeiten ausrichten, so Walter, der es ohnehin für keine gute Lösung hält, wenn das Kunstgebäude nur mit Ausstellungen belegt wird, die am Abend geschlossen sind. „Der vordere Teil des Gebäudes war oft monatelang nicht genutzt“, sagt Walter, „und abends ging der Rollladen runter, das fand ich schade“. Er wünscht sich ein Haus, das auch abends bespielt wird.

Walter geht nicht davon aus, dass eine neue Nutzung aufwendige Umbauten erfordert. „Sicher braucht man irgendeine Art von Bühne“, sagt er, „aber was genau gemacht werden muss, kann man erst sagen, wenn die Nutzung geklärt ist.“

Deshalb will der Staatssekretär nach den Sommerferien erneut zu einer Runde einladen, bei der er auch auf unkonventionelle Vorschläge hofft. „Mir geht es um das Multifunktionale, das Offene“, sagt Walter und will das Kunstgebäude zu einem Veranstaltungsort machen, „wie wir ihn in Stuttgart bisher nicht haben.“

Denn schließlich sei es beste Lage. „Mehr Downtown“, so Jürgen Walter, „geht ja gar nicht.“