Als ein Praktikant im Depot der Kunsthalle Karlsruhe recherchierte, machte er einen spektakuläre Entdeckung. Das hat internationale Wissenschaft auf den Plan gebracht.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Es war kühn. Als Georg Kabierske Praktikant an der Kunsthalle Karlsruhe war, durchstöberte er das Archiv. Dabei fielen ihm zwei Alben in die Finger, in denen Zeichnungen eingeklebt waren. Auf hunderten Blättern waren Statuen, Vasen oder geflügelte Löwen gezeichnet. Der junge Kunsthistoriker hatte einen Verdacht: Die Alben, vermutete er, stammen von Giovanni Battista Piranesi, dem berühmten Radierer und Architekten. Der Zufallsfund von 2014 hat seither Forschende aus Karlsruhe, Stuttgart und Italien beschäftigt. Nun wurde das Ergebnis veröffentlicht und ist unter dem Titel „In Piranesis Werkstatt“ eine Datenbank online gegangen. Sie gibt Einblicke, was es mit den 297 Zeichnungen auf sich hat und wirft neue Blicke darauf, wie Piransi gearbeitet hat.

 

Das Land hat die Datenbank gefördert

Der erfolgreiche Künstler hat eine große Werkstatt

„Ein wichtiger Schritt für die Kunsthalle“, sagt Pia Müller-Tamm, die Direktorin der Kunsthalle Karlsruhe, „aber es ist auch ein wichtiges Datum für die internationale Piranesi-Welt.“ Denn um den vielen Aufträgen nachzukommen, führte Piranesi (1720 bis 1778) eine große Werkstatt. „Er hatte eine Schar von Zeichnern, die in Rom ausgeschwärmt sind“, sagt Kabierske.

Die Zeichnungen stammen also von Mitarbeitern. Die Untersuchungen etwa durch die Restauratorin und Stuttgarter Professorin Irene Brückle haben ergeben, dass der Meister die Motive korrigierte. „Er hat viel Unterstützung gehabt“, sagt Brückle, „das ist erstmals mit Indizien belegbar.“ Für die Direktorin zeugt dieser neue Blick auf Piranesi auch von einem neueren Verständnis, das Künstler nicht nur als Einzelschöpfer begreift, sondern auch deren Umfeld berücksichtigt.

Flecke und Knicke sind aufschlussreich

Auch die Vorstellung von Restaurierung hat sich verändert. Früher seien Zeichnungen „oft recht radikal bereinigt worden“, sagt Bürkle. Da die Bände unentdeckt im Depot lagen, seien sie „knapp 200 Jahre unberührt“ gewesen. So gaben Fingerabdrücke, Flecken oder verwischter Kreidestaub den Forschenden ganz neue Einblicke in die Arbeitsweise. In der Online-Datenbank kann man sich zu den Blättern auch Konstruktionszeichnungen oder Infrarotaufnahmen anzeigen lassen, die Einstichstellen vom Zirkel sichtbar machen oder Fettspuren, die auf die genutzten Stifte Rückschlüsse erlauben.

In Piranesis Werkstatt: die Datenbank ist erreichbar unter www.piranesi.kunsthalle-karlsruhe.de