Die Detektivarbeit eines Provenienzforschers hat in der grafischen Sammlung der Mannheimer Kunsthalle einige Werke mit dubiosem Hintergrund zu Tage gefördert. Eine Radierung raubten die Nazis zweifelsfrei ihrem jüdischen Besitzer.

Mannheim - Die Kunsthalle Mannheim hat ihre grafische Sammlung auf NS-Raubkunst durchforsten lassen - und ist fündig geworden. Der größte Teil der 2253 Inventarnummern, die das Museum von 1933 an erworben hatte, ist nach Angaben der Kunsthalle unbedenklich. Doch in 25 Fällen bestehe der Verdacht, dass die Nazis die Kunstwerke ihren Besitzern gestohlen haben oder die Werke unter Zwang verkauft werden mussten. In einem Fall sei gewiss, dass es sich um Raubkunst handele, geht aus dem Abschlussbericht des Provenienzforschers Mathias Listl hervor.

 

Dabei handelt es sich um die Radierung „Der Trinker“ (1874) von Wilhelm Leibl. Das Bild habe die Kunsthalle 1944 von der Mannheimer „Verwertungsstelle volksfeindlichen und jüdischen Vermögens“ erworben. Die Behörde verkaufte und verteilte vorwiegend in den Häfen von Rotterdam und Antwerpen zurückgelassenes Umzugsgut jüdischer Bürger Mannheims und Nordbadens an die Bevölkerung in Mannheim. Der frühere Eigentümer der Arbeit ist unbekannt.

Rückgabe an die Erben

Die 25 Druck- und Originalgrafiken vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert wurden ausnahmslos zwischen 1933 und 1945 von Kunsthändlern angekauft, die aktiv in den nationalsozialistischen Kunstraub involviert waren und von diesem profitiert haben.

Seit November 2011 untersucht die Kunsthalle Mannheim ihre Bestände systematisch nach NS-Raubkunst. Ziel des Projekts ist es, möglichst lückenlos die Besitzerwechsel aller vor 1946 entstandenen Kunstwerke zu klären. Dadurch sollen während des Nationalsozialismus unrechtmäßig entzogene Kunstwerke identifiziert und ihren früheren Besitzern beziehungsweise deren Erben zurückgegeben werden können.

Ausstellung mit Beschlagnahmtem

Die Untersuchung von rund 700 Werken in den Gattungen Malerei und Skulptur ergab 17 Verdachtsfälle. Zwei Gemälde, eine Zeichnung und eine Skulptur gingen bislang an die Erben zurück. Im Rahmen der Ausstellung „(Wieder-)Entdecken - Die Kunsthalle 1933 bis 1945 und die Folgen“ zeigt die Kunsthalle Werke, die 1937 aus ihrer berühmten Moderne-Sammlung als „Entartete Kunst“ beschlagnahmt wurden und heute in Museen oder privaten Sammlungen weltweit beheimatet sind. Bis zum 10. März 2019 wird noch Robert Delaunays Werk „Saint-Séverin No. 3“ (1909/10) zu sehen sein. Das Schlüsselwerk der damaligen Moderne-Sammlung gehört heute zur Sammlung Guggenheim in New York. Als eines von 70 Werken zeigt die Schau auch den „Trinker“.