Das Seelenlädle schließt. Nach anderthalb Jahren geben Jessica und ihre Mutter Bettina Kliegl ihren Laden mit Kunsthandwerk und Kuchen auf.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Seelenlädle – was soll man sich darunter bloß vorstellen? So manch alteingesessenem Sechselberger mag der Name des kleinen Ladens wohl überfordert haben, sagt Inhaberin Jessica Kliegl. „Verkaufen die da Tote? Hat das was mit der Kirche zu tun?“ Solche Fragen hätte sie anfangs schon zu hören bekommen. „Für uns ist das Seelenlädle ein Ort, in dem Liebe und Leidenschaft stecken und in dem man sich und seiner Seele etwas Gutes tut“, erklärt die 34-Jährige, wie sie auf den Namen gekommen ist. „Wer beim Kaufland einkauft, ist nur eine Nummer, hier geht es um den Menschen.“ Und um Kunsthandwerk, Kaffee, Kuchen und mehr.

 

Eröffnet in der Hochphase der Pandemie

Jahrelang hatte der rund 40 Quadratmeter große Verkaufsraum im Erdgeschoss des Bürgerhauses an der Martin-Luther-Straße 30 leer gestanden. Es war die Hochphase der Coronapandemie im Jahr 2021, als alle sich zu Hause verkriechen mussten. Auch eine Zeit, in der viele ihre kreative Ader entdeckten, und Künstler und Kunsthandwerker kaum Möglichkeiten mehr hatten, ihre Waren zu verkaufen. Da entschieden sich Jessica und ihre Mutter Bettina, den Laden im Althüttener Teilort zu pachten. „Wir wollten eine Plattform für Kunsthandwerk bieten und mehr sein als nur ein Café und Treffpunkt“, sagt Jessica Kliegl.

Sie kontaktierten rund zwei Dutzend Künstler und boten ihnen an, deren Produkte auf Kommissionsbasis zu verkaufen. Das Angebot reicht weit: Töpferwaren, gedrechselte Holzschalen, bemalte Steine, Kerzen, Grußkarten, Perlenketten, Blumenkränze, genähte Taschen, bedruckte Tassen, Figuren, aber auch Seifen, Cremes, Honig, Marmelade, Kaffeebohnen, Eier, Nudeln, Senf, Kräutersalze, Gin und Likör und einiges mehr. „Alles Sachen, die von den Leuten selbst mit Liebe hergestellt wurden, nichts von der Stange, sondern jedes ein Unikat“, sagt Jessica Kliegl. Sie selbst habe anfangs noch Kuchen gebacken, die man am großen Tisch mit einem Kaffee oder Tee genießen konnte. „Der Nachbar kam jeden Morgen zum Frühstück, die Seniorinnen haben nach ihrem Sport vorbeigeschaut, gestrickt und miteinander geschwätzt.“ Menschen seien sich begegnet. „Auch wir haben Stammkunden und Freundschaften geschlossen – wir haben hier gelacht und geweint.“ Frische Backwaren gab es ebenfalls. „Wir haben zehn Prozent vom Bäcker bekommen und sie zum selben Preis verkauft, wie in der Bäckerei“, sagt die junge Frau. Viel verdient sei da nicht. „Wenn eine Brezel übrig bleibt, legt man quasi schon drauf – aber höhere Preise verlangen wollten wir auch nicht“, sagt sie.

Ende März schließt der kleine Laden

Hätten anfangs noch zahlreiche Kunden im Seelenlädle hereingeschaut, habe sich die Situation zuletzt immer weiter verschlechtert. „Die Leute sparen wegen Corona und wegen der Folgen des Krieges, sie sparen natürlich an Dingen, die sie nicht zwingend brauchen, das spürt man.“ Ums Geld allein sei es den beiden Betreiberinnen nie gegangen. „Wir wollten auch etwas für die Menschen tun. Man kann so viel bewirken, wenn man sich zusammentut.“ Aber finanziell drauflegen, das wollten sie auch nicht. Darum ist zum Monatsende Schluss.

„Super Konzept, falscher Ort“

Jessica Kliegl sucht keine Erklärungen mehr, sie bereut nichts: „Wir waren mit dem richtigen Konzept am falschen Ort – ich stehe immer noch voll dahinter und würde es nicht anders machen“, sagt sie und ergänzt: „Wie heißt es so schön - wo eine Tür zu geht, geht eine andere auf.“ In ihrem Fall ist es ein Kindergarten in Backnang, dort hat sie schon einen neuen Job gefunden.

Althüttes Bürgermeister Reinhold Sczuka bedauert, dass das Lädle schließt. „Schade, dass es so gelaufen ist, die Inhaberinnen hatten sich ja auch tolle Aktionen wie den Weihnachtmarkt einfallen lassen.“ Ein Nachmieter sei bislang nicht in Sicht, der Verkaufsraum werde erst mal leer stehen. Wer Pläne habe, dürfe sich gern ans Rathaus wenden.