Fünf Spielfelder in Fellbach und Kernen, darunter weniger als ein Jahr alte in Schmiden, Oeffingen und Rommelshausen, enthalten ein gelenkschonendes Granulat. Sein Abtrag schädigt aber die Umwelt und später die Menschen. Ein Verbot droht.

Fellbach/Kernen - Kleine Plastikkrümel, die in Kunstrasenplätze eingestreut sind, sorgen dafür, dass der Aufschlag aufs Spielfeld beim Fußballsport etwas abgefangen wird. Die zusätzliche Federung schont Gelenke und hilft Verletzungen vorzubeugen. Das Bewusstsein dafür, dass das verwendete Material schadet, wächst allerdings.

 

Es ist ein Dilemma im Gesundheitsschutz entstanden

Der Abtrag von Gummi und solchem plastikbasiertem Füllmaterial wird bei Regen über Drainage, Kanalrohre und Bäche in die Flüsse und ins Meer getragen. Kleinlebewesen und Fischen nehmen sie als vermeintliche Nahrung auf. Über die Nahrungskette landet das Material im menschlichen Körper. Es ist ein Dilemma im Gesundheitsschutz entstanden, für das es bisher keine Lösung gibt.

Das Problem ist bereits in Fellbach und Kernen angekommen. Stolz haben die Stadtmütter und -väter erst im vergangenen Sommer für viele hunderttausend Euro nach dem Stand der Technik hergerichtete Kunstrasenplätze präsentiert. Genau diese neuen Spielfelder in Schmiden und in Oeffingen, in Rommelshausen sowie der nur wenige Jahre ältere in Stetten und einer im Max-Graser-Stadion sind jetzt sogar von einem Verbot bedroht, wenn die Europäische Union, wie erwartet, eine Richtlinie erlässt. Für den deutschen Gesetzgeber wäre sie bindend. Das Verbot soll ab 2022 gelten. Die Oberflächen der genannten Plätze müssten dann erneut saniert werden. Kunstrasenplätze sind eigentlich auf eine Haltbarkeit von 15 Jahren ausgerichtet.

Insgesamt fünf Kunstrasenplätze gibt es in Fellbach

Viel Geld steckt in den Kunstrasenplätzen: In Rommelshausen ist im vergangenen Jahr die Oberfläche für 360 000 Euro frisch hergerichtet worden. Auf eine Auftragssumme von 846 000 Euro kam die grundlegende Sanierung in Schmiden. 624 000 Euro wurden für den Oeffinger Platz genannt. Nun kommt erneut Kosten in sechsstelliger Höhe auf Fellbach und Kernen zu. 80 000 Euro pro Platz sind im Gespräch, wenn das Plastikgranulat ersetzt werden muss.

Laut der Leiterin des städtischen Pressereferats, Sabine Laartz, hat die Verwaltung in Fellbach schon kurz nach den ersten Informationen über die geplante EU-Richtlinie mit den Herstellern Kontakt aufgenommen. „Eine richtig gute Alternative gibt es noch nicht. Wir hoffen auf eine Übergangsregelung“, sagt die Stadtsprecherin unumwunden. Insgesamt fünf Kunstrasenplätze gibt es in Fellbach. Sie gehören, außer in Oeffingen, der Stadt und wurden mit Geld aus dem Stadtsäckel errichtet. Nur zwei von diesen sind von dem drohenden Verbot nicht betroffen. Sie dienen als Zweitplätze im Max-Graser-Stadion und im Stadion Schmiden, sie sind älter und noch ausschließlich mit Quarzsand befüllt. Dieses Material nennen – neben Kork – Politiker wie der CDU-Umweltexperte im Landtag, Paul Nemeth, als Alternative.

Auch die Rückkehr zum Ganzjahresbetrieb auf Gras kann keine Lösung sein

In der Stadtverwaltung sieht man dies anders: Kunstrasenplätze, die ausschließlich mit Quarzsand aufgefüllt sind, seien härter, weniger schonend für die Sportlergelenke. Möglicherweise, so fürchtet Sabine Laartz, würden Spielfelder, die rein auf Quarzsand setzen, die Richtlinien für die Abfederung nicht mehr einhalten. Kork wiederum nimmt Feuchtigkeit auf und gilt deswegen bei den Sportverbänden als untauglich.

Auch die Rückkehr zum Ganzjahresbetrieb auf Gras kann keine Lösung sein. „Der Vorteil des Kunstrasenplatzes ist, dass er ganzjährig bespielbar ist“, sagt Sabine Laartz. „Der Spielbetrieb lässt sich daher ganz anders managen.“ Auch kann der Pflegeaufwand für den Naturrasen immens werden. Ein einziges Fußballspiel bei Regen kann schon ausreichen, um einen Rasenplatz zum unbespielbaren und sanierungsbedürftigen Acker zu machen.

Die Verwaltung in Kernen werde sich in Absprache mit den Sportvereinen nach einem alternativen Füllmaterial umsehen

Kernens Beigeordneter und Bauamtsleiter Peter Mauch weist darauf hin, dass die Gemeindeverwaltung auf Wunsch der Sportvereine einen Kunstrasenplatz in Stetten und einen in Rommelshausen eingerichtet hat: „Das Kunststoffgranulat wird von den Nutzern favorisiert und ist zertifiziert.“ Dessen Gütenachweis legt er seiner Antwort auf die Frage unserer Zeitung unaufgefordert bei. Leider sei vor der Sanierung des Kunstrasens in Rommelshausen nichts davon bekannt gewesen, dass dafür ein Verbot droht, sagt Mauch. Die Verwaltung in Kernen werde sich in Absprache mit den Sportvereinen nach einem alternativen Füllmaterial umsehen.

Fördermittel in Höhe von 82 000 Euro für die Rommelshauser Kunstrasenoberfläche würde die Gemeinde heute nicht mehr erhalten. Im Umweltausschuss des Landtags wurde bereits beschlossen, künftig keine Zuschüsse mehr für Spielfelder mit Plastikfüllmaterial zu geben.