Ulli Heyd ist die Vorsitzende des Kunstvereins, sie stellt ihre Werke in der Galerie 4/1 aus. Ihre Spezialität sind Bilder aus Carbonfasern. Oder auch Lakritze.

Korntal-Münchingen - Es ist eine Erfolgsgeschichte: Vor drei Jahren hat die Stadt Korntal-Münchingen dem Kunstverein ein Haus in der Hans-Sachs-Straße zur Verfügung gestellt. In liebevoller Kleinarbeit wurde das historische Gebäude restauriert, es dient nun als Ausstellungsstätte. Etwa für Ulli Heyd. Die Vorsitzende des Kunstvereins stellt seit Sonntag in der Galerie 4/1 „Schwarze Gespinste ... und Lakritze“ aus.

 

60 Menschen kommen zur Vernissage, Benedikt Moser spielt am Piano jazzige Klänge, und der Stuttgarter Kunstexperte Tobias Wall führt elegant und humorvoll in das Werk von Ulli Heyd ein. Wall beginnt mit, wie er offen einräumt, abgedroschenen Sätzen, die man eigentlich nicht in Vernissagen verwenden dürfe: „Sonst beginnt der Erdkreis zu ächzen.“ Aber sie passen eben doch zur aufwendigen Arbeit der Künstlerin: Kunst ist schön, aber macht viel Arbeit, oder gemäß Paul Klees Mantra: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.“

Ulli Heyd ist gebürtige Aalenerin, hat ihre Kindheit in Neuffen verbracht, nach Stationen in Stuttgart und Esslingen wohnt sie seit 1987 in Korntal-Münchingen. Als Mitglied im Kunstverein hat sie 25 Jahre lang die Finanzen gemanagt. Sie war bis 2014 Vorsitzende des Bundes Bildender Künstler im Land – und ist seit März nun die Leiterin des Korntaler Kunstvereins.

Ihre Spezialität sind Gespinste: filigrane, aus Carbonfasern gezauberte Konstrukte, die mit Pinsel und Bindemittel auf eine Leinwand gebannt werden. Ein Schicksalsschlag habe sie drauf gebracht, wie Tobias Wall berichtet: „Sie musste sich einer Chemotherapie unterziehen, dabei gingen ihr die Haare aus.“ So hat sie Haare als Material für die Kunst verwendet – allerdings stellte sich das als zu instabil heraus. Die Carbonfasern hingegen sind haltbar und lassen sich fast unendlich oft teilen – und sind für Heyd ein Stilmittel der Wahl geworden.

Auf dem Boden findet sich die im Ausstellungstitel angekündigte Lakritze. Allerdings ist diese keineswegs essbar, wie die Vizechefin des Kunstvereins, Yvonne Benz, anmerkt. Es handele sich um Gummischleifen aus dem Baumarkt. „Meterware“, sagt der Redner Wall, „es erfordert viel Wissen über Ästhetik, darin die Schönheit zu erkennen und erkennbar zu machen.“

Und damit ist man wieder bei Paul Klees Satz, und der Erdkreis beginnt wieder zu ächzen. Aber es stimmt ebenso wie das Mantra von der Kunst, die viel Arbeit macht. Denn die Carbonfasern aufzubringen, ist anstrengend. Nach spätestens zwei Stunden, so bekennt die Künstlerin, sei man geschafft.

Die Werke sind alle ohne Titel, der Betrachter soll sich selbst Gedanken dazu machen. Ein Werk bleibt besonders in Erinnerung: Die schwarzen Carbonfasern gehen in einem feuerroten Sonnenaufgang auf – fast eine Apokalypse, könnte man meinen.

Und so kommen weder der Festredner noch der Betrachter um die Weisheiten von Paul Klee und anderen herum – selbst wenn stets der Erdkreises ächzt.