Der Korntal-Münchinger Kunstverein hat seit zehn Jahren ein eigenes Domizil. Das hat ihm neue Möglichkeiten eröffnet. Alle Träume sind trotzdem nicht wahr geworden.
Es war ein Glücksfall, dass die frühere Bleibe des städtischen Hausmeisters leer stand und die Stadt an den Kunstverein Korntal-Münchingen dachte, als sie überlegte, was sie mit dem heute fast 100 Jahre alten Häuschen in der Hans-Sachs-Straße 4/1 im Stadtteil Korntal anstellt.
Das war 2012, und so ist es nun zehn Jahre her, dass sich für den Kunstverein der lang gehegte Traum von einem eigenen Domizil erfüllte, das da Galerie 4/1 heißt. Endlich, muss man wirklich sagen, gibt es den Kunstverein doch schon seit dem Jahr 1985. Stadthalle, Rathaus, leere und Abrisshäuser, Schaufenster – „es gab für die Mitglieder immer Möglichkeiten zur Ausstellung“, sagt Albrecht Lannes. Dennoch sei stets der Wunsch nach etwas Eigenem dagewesen. „Wir haben immer an die Stadt appelliert.“
Michael von Jarzebowski erinnert sich noch genau an den Tag, an dem der damalige Vorsitzende Volkmar Klopfer die Mitglieder in die Hans-Sachs-Straße einberief und gut 20 von ihnen mitteilte, die Stadt überlasse dem Verein das Haus mietfrei und unbefristet, er sei aber für die Innenrenovierung und die laufenden Kosten zuständig. So groß wie die Freude war denn auch der Bedarf an Erneuerung – die Michael von Jarzebowski mit Beate Roller und Ingrid Walther als „hartem Kern“ stemmte. Viele Materialien waren Spenden und aus Abbruchhäusern.
Einsatz von gut 1000 Stunden
Über Monate, so erzählt der 72-jährige von Jarzebowski, riss das Trio Schichten von Tapeten ab, ersetzte den „krummen und buckeligen“ grünen Teppichboden im Erdgeschoss durch Parkett und entfernte jenen mühsam von der Treppe – „das Schmuckstück der Galerie“ –, durchbrach Wände, schraubte Regale, strich Fenster, installierte die Beleuchtung, rodete den Garten. Dort finden bei gutem Wetter die in der Regel gut besuchten Vernissagen statt.
„Unter der wunderschönen Trauerweide“, sagt Albrecht Lannes. Beate Roller, deren Mann damals die Helfer bekochte, meint: „Das grüne Umfeld ist ein großes Plus.“ Gut 1000 Stunden renovierten die Mitglieder. Wobei: Ingrid Walther ist bis heute kein Vereinsmitglied. Doch sie ist sehr engagiert im Ort und „der geborene Helfertyp“, sagt die 69-Jährige über sich und lacht. Die erste Ausstellung in der Galerie 4/1 war am 21. September 2012.
Der Beirat entscheidet, wer ausstellen darf
Die feste Bleibe eröffnete dem Verein neue Möglichkeiten: mehr Ausstellungen und noch dazu von Kunstschaffenden, die nicht dem Verein angehören. Jedes Jahr organisiert der Kunstverein vier bis fünf Schauen. „Der Höhepunkt ist aber weiterhin die Jahresausstellung in der Stadthalle“, sagt die Vorsitzende Ulli Heyd. Sie beschreibt den Verein mit rund 40 Künstler- und mehr als 70 Fördermitgliedern als „progressiven Verein“, der Künstler fördern und gute Kunst zeigen wolle. „Unser Anspruch ist hoch.“
Wer als Gast ausstellt, entscheidet der künstlerische Beirat. Hobbykünstler etwa, aber auch Alltägliches oder Abgemaltes wie Landschaftsmalerei würden abgelehnt, stattdessen „muss eine eigene Sprache sichtbar sein“, sagt Albrecht Lannes. Es gehe darum, nicht immer aufs Alte zurück zu kommen. Laut Heyd und Lannes gibt es viele gute Kunstschaffende. Allerdings sei auch das Angebot an Ausstellungsmöglichkeiten in der Region groß. Vor allem Studenten würden die Landeshauptstadt bevorzugen.
Traum von einem Kunstcafé bleibt
Fehlender Nachwuchs treibt auch den Kunstverein um. Außerdem „ist es immer wieder ein Kampf, Personal zu finden“, sagt Albrecht Lannes. Er meint damit die zähe Suche nach Menschen, die zum Beispiel bei den Ausstellungen die Aufsicht übernehmen. Mittlerweile beschränkt der Verein die Öffnungszeiten auf das Wochenende. Ebenso wurde der Traum von einem Kunstcafé bisher nicht wahr, mangels Freiwilligen, aber auch Infrastruktur. Der Kunstverein, der gern wieder mehr mit Schulklassen arbeiten würde, versucht, in der Stadt möglichst präsent zu sein – und darüber hinaus. So ist nächstes Jahr im Landratsamt Ludwigsburg eine Schau mit dem Titel „Orte“ geplant.
Kunst gibt es nicht nur in Korntal-Münchingen zu sehen
Schau I
Malerei, Anagramme und Film erwarten die Besucherinnen und Besucher in der Korntaler Galerie 4/1 von 18. September bis 9. Oktober. In dieser Zeit stellt der Künstler Andreas Bausch aus Köln aus, der im Jahr 2018 den Rheinischen Kunstpreis erhielt. Andreas Bausch setzt sich unmittelbar mit der Technik auseinander und mache Zeit, Raum sowie Bewegung sichtbar. Am Sonntag um 11.30 Uhr ist die Vernissage.
Schauen II und III
„Dem Porträt verpflichtet, vom Teddybären verführt“ zeigt einen Querschnitt durch vier Jahrzehnte künstlerisches Wirken von Christel Ziegler. Eröffnet wird die Schau am 16. September um 18 Uhr im Sitzungssaal des Gerlinger Rathauses. Die vielseitige Künstlerin zeigt unter anderem Porträts von Gerlinger und Stuttgarter Persönlichkeiten und bezeichnet sich als die Porträtistin, die in den vergangenen 20 Jahren die meisten Porträtbilder von Persönlichkeiten im Südwesten verkauft hat. Auch hat sie ein Faible für Teddybären, die aber immer sehr menschliche Züge haben und auf liebenswerte und witzige Art menschliche Probleme darstellen. Dann zeigt Dominique Ludmann noch am Samstag, 17. September, von 16.30 bis 20 Uhr Gießtechniken, strukturierte Bilder, abstrakte wie moderne Kunst und mehr – in der Unteren Bergstraße 1.