Kuriose Gründe für Verspätungen Wenn die Bahn aufs Schiff wartet

Kommt er und wenn ja, wann: Bahnfahren ist derzeit in Deutschland gewissen Unwägbarkeiten unterworfen. Foto: IMAGO/Arnulf / Hettrich

Die Deutsche Bahn versucht, Reisende über die Ursachen von Zugverspätungen auf dem Laufenden zu halten. Seit Mitte Dezember gibt eine überarbeitete Liste mit möglichen Gründen für Unpünktlichkeit. Und die sind vielfältig.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Die Pünktlichkeitswerte der Deutschen Bahn sind auf Talfahrt. Im November haben noch 52 Prozent der ICE- und IC-Züge ihr Ziel pünktlich erreicht. So weit, so ernüchternd. In der Kritik stehen neben diesem eher liberalen Umgang mit den Vorgaben des Fahrplans auch die Bemühungen des Schienenkonzerns, möglichst detailliert über die Gründe akuter Verspätungen oder gleich gänzlich ausbleibender Züge zu informieren. Reisenden-Informations-System, kurz RIS, heißt das entsprechende Werkzeug. Bei den Fahrgästen schlägt das entweder in Form einer neuen Nachricht in der Bahn-App auf oder – ganz nach alter Väter Sitte – als Durchsage am Bahnsteig.

 

Gründe für Verspätungen überarbeitet

Seit Mitte Dezember geht die Bahn mit zum Teil neuen Begründungen an den Start, warum dieses oder jenes nicht funktioniert. Es seien „unterschiedliche Anforderungen zur Anpassung und Ergänzung der RIS-Kundengründe eingegangen“. Bei „verschiedenen Terminen und Workshops“ haben man diese daraufhin „mit Augenmaß kritisch bewertet und nachgebessert“, erklärt die Netztochter der Deutschen Bahn.

Mal anhängen, mal abhängen

Herausgekommen ist hierbei eine Liste, die gut 60 Punkte umfasst, mit denen auf die eine oder andere Unwägbarkeit im Betriebsablauf hingewiesen wird. Darunter finden sich Klassiker wie „Unwetter“, „Warten auf Anschlussreisende“ und „Bereitstellung weiterer Wagen“. Aber auch das Gegenteil, nämlich „Abhängen von Wagen“ kann für Ungemach an der Bahnsteigkante sorgen.

Trotz Klimawandels geraten Züge auch weiterhin wegen „Schnee und Eis“ in Schwierigkeiten. Feinsinnig unterscheidet die Bahn hiervon auch noch den Tatbestand der „Unwetterauswirkungen“. Diese dürfen aber nicht verwechselt werden mit einer Verspätung, die auf eine „witterungsbedingt verminderte Geschwindigkeit“ zurückzuführen ist.

Wie verfügbar sind die Gleise?

Erhalten geblieben ist die Ansage, wonach die „Verfügbarkeit der Gleise derzeit eingeschränkt“ sei, was für ungeübte Ohren ein wenig danach klingt, als seien Schienen für alle an der Durchführung der Zugfahrt Beteiligten überraschend verschwunden. Aber so wird’s wohl nicht gemeint sein. Grundsätzlich gilt: auch die Anderen können mal schuld sein, was sich dann in „Verspätung im Ausland“ ausdrückt.

Wenn es auf den Gleisen mal wieder klemmt, dann hilft eventuell der Schienenersatzverkehr (SEV), der einen Umstieg auf Busse vorsieht. Aber – man ahnt’s bereits – auch die können nicht immer, wie sie wollen. Darauf reagiert die Bahn mit neuen Durchsagen. „Technische Störung am Bus“ gehört ebenso dazu wie „Stau/Hohes Verkehrsaufkommen“.

Auch ein Schiff kann die Bahn bremsen

Neu ist auch die Begründung „Betriebsstabilisierung“, die sich wiederum auf den Zugverkehr bezieht. Sie komme „als Ausfallgrund zur Verspätungskürzung“ zur Anwendung heißt es in dem öffentlich einsehbaren Dokument der Bahn und erlaube eine „konsistente Begründung, da Ansagen im Zug den Grund bereits transparent machen“. Diese eher allgemein gehaltene Formulierung schränkt den Fahrgast nicht in seiner Freiheit ein, sich seine eigene Meinung über den tatsächlichen Grund seines Strandens zu bilden.

Apropos Strand: zumindest für küstenferne Bahnnutzer überraschend klingt die Durchsage „Warten auf ein verspätetes Schiff“. Ein Schiff wird kommen, aber irgendwas ist eben immer.

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