Eine neue Regelung am Bahnübergang Flattichstraße löst Irritationen aus: bei Ortsunkundigen, die über die frisch geschaffene Vorfahrtsstraße direkt in eine Sackgasse gelotst werden, bei Anwohnern, die sich über die fälschlicherweise bei ihnen gelandeten Lastwagenfahrer mehr als wundern – und bei denen, die wissen wollen, wer für das Kuriosum eigentlich zuständig ist.

Korntal-Münchingen - Es ist eine verkehrte Welt: Eine neue Verkehrsregelung führt vor allem die Ortsunkundigen beim Münchinger Bahnhof in eine Sackgasse. Und nicht nur Anwohner klagen über schon einige fälschlich abgebogene Lastwagenfahrer, die vor dem Abbiegen gar nicht erkennen können, wo sie landen. Auch die Stadt findet die Regelung verkehrt, kann sie aber nicht in ihr Gegenteil kehren. Und keiner ist zuständig.

 

Fahren wir in der Zeitleiste zurück ins Jahr 1996. Damals erging ein Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums (RP) zur Strohgäubahn. Und der sah unter anderem folgende Vorfahrtsregelung vor: Wer von der Flattichstraße kommend über den Bahnübergang will, landet dann auf einer Vorfahrtsstraße, die direkt in die Härtestraße führt. Da mag mancher denken, es geht weiter. Doch die Härtestraße ist eine Sackgasse. Schon damals hätte man fragen können: Wenn man aus Gründen der Sicherheit eine Vorfahrtstraße einführen will, warum eine, die in die Sackgasse führt? Und nicht eine in die andere Richtung?

Doch das bleibt bis heute unklar, zumal keinen die Verkehrssituation störte. Denn dieser Teil des Planfeststellungsbeschlusses ruhte jahrelang in sich gekehrt in einer Schublade, es galt rechts vor links. Bis Oktober 2014. Denn bei einem Ortstermin, den die Betriebsleitung der für die Strohgäubahn zuständigen WEG angestoßen hatte, wurde die Verkehrslage kritisiert.

Im Januar ließ die Stadt dann die neuen Schilder für eine abknickende Vorfahrtsstraße und eine Sackgasse aufstellen und dicke weiße Linien auf die Straße malen. „Wir wissen von nichts“, sollen Mitarbeiter des Bauhofs zu einem Anwohner auf dessen Frage nach dem Sinn gesagt haben.

Gar nicht so verkehrt – ursprünglich. Denn die Stadt teilte auf Anfrage mit, man sei nicht zuständig, sondern handle auf Weisung des RP. Das war spontan ebenso überzeugt, der verkehrte Ansprechpartner zu sein. Der Sprecher mühte sich dann aber doch, den Sachverhalt nachzuvollziehen, schaute via Internetkarte die Lage vor Ort an, trotz langsamem Rechner („Der hat sich halt unserem Arbeitstempo angepasst. Die Journalisten schreiben doch immer, dass wir so langsam sind. Gut, Sie tun das nicht, aber die anderen.“). Und erkannte: „Oh, das ist ja schon reichlich widersinnig.“ Also recherchierte er, forderte auch eine Stellungnahme der WEG an. Tage später dann das Ergebnis: Man sei tatsächlich nicht zuständig, wohl aber das Landratsamt mit dem Zweckverband Strohgäubahn.

Doch auch von dort die Antwort: Wir sind nicht zuständig, wohl aber die Stadt, an die man die Anfrage weitergeleitet habe. Die Recherche wurde also zum echten Kreisverkehr. Und bei der Stadt heißt es nun zur Erklärung, dass ohne diese Regelung eine Langsamfahrstelle für die Strohgäubahn hätte eingerichtet werden müssen. Denn bei einem Ausfall der Schranken müsse der Verkehr dennoch „rasch und ohne Rückstau den Übergang passieren können“. Das hatte die WEG als erforderlich erachtet, teilte die Fachbereichsleiterin Regina Neuhöfer weiter mit. Und man sei in der Pflicht, Maßnahmen umzusetzen, wenn Experten der WEG und des Eisenbahnbundesamts (EBA) einen Handlungsbedarf sähen, da habe man keine Entscheidungsbefugnis. Doch weil man selbst unzufrieden sei, habe man nochmals Prüfungen durch die WEG und das EBA angestoßen, zudem lasse man einen eigenen externen Gutachter die Situation ebenfalls prüfen.

Doch beim EBA wäre der Fall in eine Sackgasse geraten. Denn eine Sprecherin verwies auf das Landesverkehrsministerium. Ob das verkehrt ist? Wir bleiben dran – und fahren mit der Geschichte fort.