Wilde Geschichte, fehlende Beweise: Ein 63-Jähriger wirkte wie der perfekte Täter, doch am Ende wird er vor Gericht freigesprochen.

Ein Mann, der mit einem Kumpel gegen Mitternacht im unbelebten Wohngebiet von einer Überwachungskamera auf einer Terrasse gefilmt wird, ein Einbruchsversuch im direkt daneben gelegenen Haus und eine wilde Story – eigentlich lag der versuchte Wohnungseinbruchsdiebstahl auf der Hand, dessen ein Aidlinger am Donnerstag vor dem Böblinger Amtsgericht angeklagt war. Trotzdem wurde der 63-Jährige nach knapp zweistündiger Verhandlung freigesprochen.

 

„Ich bin kein Einbrecher!“, beteuerte der Angeklagte mehrfach. Auf die Frage, was er im Tatzeitraum Mitte Februar dieses Jahres nachts im Böblinger Wohngebiet beim Schulzentrum Stockbrünnele zu suchen gehabt habe, hatte er eine ganz eigene Antwort: Er habe einen Übernachtungsplatz erkunden wollen, ein Freund habe ihm einen entsprechenden Schlüssel gegeben, aber leider eine falsche Adresse genannt.

Gescheitertes Berufsleben

Auch 15 Vorstrafen wegen unterschiedlichster Delikte, bei denen außer Einbruch vom Handel mit Betäubungsmitteln über die Insolvenzverschleppung bis zur Körperverletzung fast alles dabei war, zeichneten ein mehr als schlechtes Bild. Zudem hat der 63-Jährige zwei Millionen Euro Schulden, weil er eine Firma in den Sand gesetzt hat. „Ich krieg’s nicht mehr hin“, fasste der Mann sein Leben zusammen.

Das bestand überwiegend darin, dass sich der frühere Versicherungskaufmann und Immobilienvermittler, aktuell nach eigenen Worten ohne festes Einkommen und im Zimmer einer Freundin zuhause, mit Bekannten in Kneipen traf. „Alkohol spielte eine große Rolle“, stellte die Staatsanwältin fest. „In der Nacht waren beide besoffen“, vermutete auch der als Zeuge geladene Freund, der dem Angeklagten und dessen obdachlosen und derzeit nicht auffindbaren Kumpel, den Schlüssel für das angebliche Übernachtungsquartier überlassen hatte.

Ähnlich fragwürdig wie die Schilderungen vor Gericht klangen, ging auch der mutmaßliche Einbruchsversuch vonstatten. Mit heller Kleidung und Taschenlampe waren die beiden Männer im Nachbargarten unterwegs. „Sie sehen nicht aus wie typische Einbrecher“, meinte selbst der erfahrene Richter Werner Kömpf. Für den Verdächtigen spreche auch, dass an der Scheibe des Einbruchshauses nicht verwertbare Handabdrücke sichergestellt wurden.

Gut gesicherte Türe

Um dorthin zu gelangen hätten aber erst die nach Aussage der geschädigten Eigentümerin abends immer heruntergelassenen Rollläden hochgehebelt werden müssen. „Das hätten wir im Schlafzimmer darüber gehört“, so die Zeugin.

Hinzu kam, dass sie und ihre Familie im Februar 2024 tagelang nicht im Garten waren und so den recht dilettantischen Einbruchsversuch, mit dem die eigens mit einer Panzersperre versehene Tür nach Angaben der Polizei ohnehin nicht zu knacken gewesen wäre, erst Tage später bemerkten – ohne einen genauen Zeitpunkt angeben zu können.

Zweifel bleiben

Für den Richter und die beiden Schöffen bestanden zwar weiter Zweifel an den abenteuerlichen Schilderungen des Angeklagten. „Ganz plausibel erscheint es nicht, was sie dort gemacht haben“, sagte Werner Kömpf. Doch am Ende blieb nur der Freispruch des 63-Jährigen – wegen nicht ausreichender Beweise für seine Tatbeteiligung.