Die DRK-Kurklinik in Kirchberg/Jagst bietet behinderten Menschen und deren Angehörigen eine Auszeit. Jetzt schließt die Einrichtung aus wirtschaftlichen Gründen. Und ein Investor ist nicht in Sicht.

Kirchberg - Die Kurklinik Adelheidstift in Kirchberg an der Jagst im Kreis Schwäbisch Hall ist Geschichte. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Landesverband Baden-Württemberg, hat die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung für Mütter und Väter mit geistig und mehrfach behinderten Kindern aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Auch alleinreisende Behinderte konnten sich in den vergangenen vier Jahrzehnten im Adelheidstift erholen. Die letzten Kurgäste sind am 23. Oktober 2012 abgereist. Viele waren traurig und enttäuscht. Manche von ihnen waren Stammgäste der Kureinrichtung in Kirchberg. Gut 40 Jahre lang existierte das Adelheidstift als Kurklinik für behinderte Menschen und deren Angehörige. Bundesweit gibt es jetzt nur noch eine Kurklinik für alleinreisende behinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen.

 

„Uns ist es total unverständlich, wie man so eine Entscheidung treffen kann“, sagt Sandy Heller (31), eine der letzten Kurgäste im Adelheidstift vor ihrer Abreise. „Das Adelheidstift ist ideal für Menschen mit Behinderung, da es über viel Platz und gute Hilfsmittel verfügt und rollstuhlgerecht ausgestattet ist“, sagt Heller. In einem offenen Brief, der bei einer Betriebsversammlung verlesen wurde, schrieb sie: „Leute, die pflegebedürftige Angehörige haben und diese zu Hause oft rund um die Uhr versorgen, gelangen schnell an die Grenze der Belastbarkeit.“ Deshalb sei es wichtig, einen Ort der Erholung und des Besinnens zu haben, so die schwer körperlich behinderte junge Frau.

Die Einrichtung stand seit Jahren auf der Kippe

Das Aus für das Adelheidstift kommt nicht überraschend. Bereits seit einigen Jahren stand die Einrichtung immer wieder auf der Kippe. Weil die Krankenkassen weniger Kuren genehmigen, sind die Belegungszahlen gesunken. Viele Kurgäste mussten ihre Kuren durch Widersprüche und gerichtliche Klagen durchsetzen. Dazu kommt ein großer Investitionsstau.

Im Juli 2012 hatte das DRK-Landespräsidium verkündet, den Geldhahn für das Adelheidstift zum Jahresende zuzudrehen. In den vergangenen zehn Jahren habe der Fehlbetrag bei über 300 000 Euro jährlich gelegen, begründete der DRK-Landespräsident Lorenz Menz den Beschluss. Um das Haus wirtschaftlich führen zu können sei eine Erhöhung der Kapazität auf 120 Betten erforderlich. Der Ausbau würde etwa elf Millionen Euro kosten. Das Geld dafür habe das DRK nicht, sagte Menz. Einen Investor hat das DRK nicht gefunden. Deshalb müsse das Stift geschlossen werden.

Eine Welle der Unterstützung und Solidarität

Nachdem das DRK die Schließung angekündigt hatte, gab es eine Welle der Unterstützung für das Adelheidstift. Die Fraueninitiative Poststraße, die Stadt Kirchberg, die evangelische Kirchengemeinde und zahlreiche Einzelpersonen erklärten sich solidarisch und setzten sich für das Kurheim ein. Auch einige Bundes- und Landespolitiker aus der Region schalteten sich ein. Der Betriebsrat des Adelheidstifts stellte eine offene Petition „Vielfalt leben – Gemeinsam für den Erhalt des Adelheidstifts“ ins Internet. Diese haben inzwischen über 2800 Menschen unterzeichnet.

Die Schließung aus „infrastrukturellen Gründen“ müsste nicht sein, findet die Betriebsratsvorsitzende Michaela Strobel. Die Kurklinik sei noch „bis mindestens Ende des Jahres 2013 zertifiziert“. Seit 2007 wurde das Adelheidstift aber nur noch als Saisonbetrieb von März bis Oktober geführt. In den Wintermonaten war geschlossen, die Mitarbeiter bauten Urlaub und Überstunden ab und meldeten sich zwei Monate lang arbeitslos. Die Küche und Reinigungsarbeiten wurden schon vor einigen Jahren an eine externe Firma vergeben. Die knapp 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Adelheidstifts kämpften jahrelang um das Überleben der Kurklinik mit 54 Betten. Enttäuscht sind sie von Eva Luise Köhler, der Gattin des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Als damalige Schirmherrin des Deutschen Müttergenesungswerks besuchte sie 2004 das Stift. „Ich bin begeistert von dieser wunderbaren Einrichtung“, schrieb die damalige Bundespräsidentengattin ins Gästebuch. „Doch außer warmen Worten ist nichts passiert, obwohl wir ihr 2006 nochmals schriftlich mitteilten, dass uns das Wasser bis zum Hals steht“, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Strobel.

Kritik gibt es auch am DRK-Landesverband

Dieter Sudermann (59) kritisiert den DRK-Landesverband. Sudermann leitete das Adelheidstift von 1982 bis 2010. Seit 1996 habe sich das DRK nicht ausreichend um höhere Tagessätze bemüht, sagt Sudermann. „Mir ist nicht bekannt, dass der Landesverband in den letzten Jahren die Initiative ergriffen hat, die Tagessätze neu zu verhandeln.“ Sudermann hatte die Leitung vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen abgegeben und ist nicht mehr für das DRK tätig. „Schon vor Jahren hätte das Haus deutlich vergrößert und intensiv ein neuer Träger gesucht werden müssen“, sagt der frühere Heimleiter. Viele Kritiker sind der Ansicht, dass von Seiten des DRK und der Politik dem schleichenden Niedergang des Adelheidstifts zu lange zugeschaut worden ist. Zu spät seien die Verantwortlichen aufgewacht. Jetzt ist der Jammer groß. Ein Investor ist nicht in Sicht.