VW will weltweit führender Hersteller von Elektroautos werden. Der Weg ist jedoch mit Hindernissen gepflastert, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - VW-Markenchef Herbert Diess bläst zur großen Aufholjagd. Der als Sanierer von BMW abgeworbene Manager will endlich die vom Abgasskandal geprägte schmutzige Vergangenheit abhaken und den Blick weit in eine goldene Zukunft werfen. Die Marke VW soll spätestens Mitte des nächsten Jahrzehnts Weltmarktführer bei der Elektromobilität werden. Dies ist ein sehr kühnes Ziel. Die Wolfsburger starten von einer schlechten Ausgangsposition, weil sie die Zeichen der Zeit erst spät erkannt haben. Von dem jungen kalifornischen Unternehmen Tesla haben sie sich in den vergangenen Jahren vorführen lassen müssen, wie man Elektroautos baut, die attraktiv sind und weltweit gekauft werden, obwohl sie teuer sind. Auch Renault ist heute besser positioniert als VW. Nicht VW als größter europäischer Autokonzern, sondern Renault ist heute in Europa Marktführer bei Elektroautos.

 

Der Wettbewerbsdruck wird zunehmen

Diese schlechte Position der Wolfsburger dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der frühere VW-Patriarch Ferdinand Piëch ebenso wie der einstige Konzernchef Martin Winterkorn, die das Zentrum der Macht bildeten, Benzin im Blut hatten und keine großen Freunde der Stromer waren. Nun da die beiden in der Versenkung verschwunden sind, soll alles anders werden.

Die Aufholjagd dürfte indes alles andere als einfach werden. Wie kann man Aufbruchstimmung erzeugen, wenn zugleich ein Sparprogramm durchgezogen wird, dem massiv Stellen zum Opfer fallen? Zudem wird der Wettbewerbsdruck bei Elektroautos in den kommenden Jahren stark zunehmen, weil zahlreiche neue Modelle von Tesla und anderen Herstellern, die schon viel Erfahrung auf diesem Feld gesammelt haben, in der Pipeline sind.

Beschäftigungsprobleme drohen

Auch wird Betriebsratschef Bernd Osterloh ebenso wie der Großaktionär Niedersachsen argwöhnisch darauf achten, dass es auch in den konzerneigenen Zulieferwerken, die vor allem in Norddeutschland angesiedelt sind, zu keinen Beschäftigungsproblemen durch einen Siegeszug der Stromer kommt. Im Vergleich mit Wettbewerbern stellt VW viel mehr Teile und Komponenten selbst her. Die Produktion des Antriebs für ein Elektroauto bringt jedoch deutlich weniger Beschäftigung als ein Verbrennungsmotor. Somit könnte es noch einigen Streit auf dem Weg an die Weltspitze der Elektromobilität geben.