Im Heslacher Lokal des Meisterfälschers Kujau wird jetzt italienisch wie bei Papa gekocht.

Stuttgart - Das kleine Lokal an der Böblinger Straße hat eine große Geschichte: Seit Juni heißt es La Rucola, zuvor war hier das Pomm & Fred und Ende der 90er das Alt Heslach. Patron war damals der Meisterfälscher Konrad Kujau. Der brachte dem Personal die Sachsen näher: „Ich stell mich mit einem Kochbuch in die Küche und lese vor.“ Seine Quarkkeulchen waren übrigens fast so lecker wie die hausgemachte Sfogliatella – ein splitterzartes Blätterteiggebäck mit süßer Ricottafüllung – beim aktuellen Besuch.

 

Der Unterschied: Rocco D’Amico braucht kein Kochbuch. Er war mehr als 30 Jahre lang selbstständig und bereits im Ruhestand. Da wollten die Söhne Michele und Riccardo ihr eigenes Restaurant. Papa war bereit, sich wieder an den Herd zu begeben, assistiert von Michele. Riccardo besorgt den Service, wenn es eng wird, springt Mama Filomena ein. Ein Familienbetrieb mit Wurzeln in Neapel und Apulien. Seinem Namen wird das Rucola bei den Vorspeisen gerecht: Die Crostini aus hausgemachtem Pizzabrot und saftigen Tomaten (4,50 Euro) und auch das Steinpilzcarpaccio ruhen auf nussiger Rauke. Das passt hervorragend zu den Pilzen, fleischige Gesellen, die sanft gegart wurden (8, 50 Euro).

„Wir setzen auf frische Küche“

Sie stehen nicht auf der Karte, die die Nudel- und Pizzavariationen auflistet, wie man sie von zig Italienern kennt. Familie D’Amico möchte sich mit ihren Empfehlungen abheben. „Wir setzen auf eine frische Küche. Bei uns sind nur die Tomatensoße und die Lasagne vorbereitet“, sagt Riccardo. Die etwas längere Wartezeit wird belohnt mit einer dampfenden Riesenportion Pasta, etwa die Spaghetti all Boungustaio mit Filetspitzen und Steinchampions in Tomatensahnesoße (11,80 Euro). Auch die Pizze aus dem eigens eingebauten Steinofen sind Prachtexemplare.

Uns empfiehlt Riccardo ein Rinderfilet, dazu könnte man zwei Garnelen machen und Steinpilzrahm. „Man muss ja auch essen“, meint er. Und so thront auf dem Teller ein dreifingerdickes Steak, knackig gebräunt mit rosarotem Kern und butterzart. Und das für sehr fair kalkulierte 19,80 Euro. Wir filetieren den Wolfsbarsch selbst: Er wurde mit Kräutern, Knoblauch und Zitronen gefüllt, bevor er auf den Grill wanderte. Dazu gibt’s Rosmarinkartoffeln, einen Salat oder gegrilltes Gemüse (16,50 Euro).

Verhandlungssache

Alles Verhandlungssache, ebenso wie der Wein. Da uns weder der offene Verdicchio noch der Grauburgunder überzeugen, zaubert Riccardo aus seiner Bar eine Flasche Sauvignon Blanc mit Malvasia aus Kalabrien hervor. Der fruchtige Wein passt sehr gut zum Fisch und hält auch den Steinpilzen stand (das 0,2-Glas für 5,80 Euro).

Einziger Kritikpunkt: das Ambiente. Bisher erinnern der weiß gestrichene Gastraum und die spartanische Einrichtung an den Speisesaal eines einfachen Hotels an der Adria. Das soll sich ändern. „Wir sind dran“, verspricht Riccardo.

La Rucola Böblinger Straße 81, 70199 Stuttgart, Telefon 0711/66 48 10 05. Geöffnet Sonntag bis Freitag 11.30 bis 14.30 und 18 bis 23.30 Uhr, Samstag von 17.30 Uhr an.

Die Bewertung:

Küche ****

Service ****

Ambiente **

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche