Das Stuttgarter Plattenlabel "Chimperator" baut aus. Nach dem Erfolg mit Cro will man jetzt weitere Künstler unter Vertrag nehmen.

Stuttgart- Es ist noch nicht mal zwölf Monate her, als ein junger Mann mit Panda-Maske die große Show-Bühne betrat und die wohl bislang erstaunlichste Karriere in der deutschen Pop-Geschichte hinlegte. Vermutlich ist die ausverkaufte Schleyerhalle am 6. November nur ein weiterer vorläufiger Höhepunkt von Cros Laufbahn. Zum Vergleich: Weltstars wie Beyoncé oder Christina Aguilera haben die Halle bei weitem nicht voll bekommen - da fehlten jeweils über 5.000 Gäste.

 

Nicht nur Carlos Waibels Leben hat eine große Wendung genommen, auch bei seinem Label Chimperator ist ein Waibel- sorry, Wirbelsturm durchgezogen und man stand auf einmal mitten im Focus von Majors bis Yellow Press. Die Bodenhaftung hat man aufgrund der langjährigen Erfahrung trotzdem nicht verloren, sondern in aller Ruhe, soweit das eben bei so einem Hype geht, sein Geschäft weiter erledigt und nutzt den Erfolg nun zur Expansion. Kürzlich wurde eine neue Abteilung gegründet, die sich um Musik „links und rechts von Rap“ kümmert. Als ersten Act hat man die lokale Rock-Band „Heisskalt“ verpflichtet, denen großes Potential attestiert wird.

Dafür hat man auch neues Personal verpflichtet. Jan-Simon Wolff hat bis vor kurzem noch bei Universal gearbeitet und beantwortet dem Stadtkind gemeinsam mit Chimp-Mitgründer Sebastian Andrej Schweizer ein paar Fragen. Die nächsten Signings verraten sie noch nicht, aber geben einen spannenden Einblick in die Musikbranche.

Wie kam es zu dem neuen Department?

Sebastian Andrej Schweizer: Wir haben z.B. mit den Releases von unserem Künstler Tua schon in der Vergangenheit Sachen veröffentlicht, die im Grunde nichts mehr mit Rap im klassischen Sinn zu tun haben. Das hat uns viel Spaß gemacht und wir wollen das gerne weiter ausbauen und uns breiter aufstellen.

Jan-Simon Wolff: Ich kenne die Jungs von Chimperator schon 'ne ganze Weile, ob über meine vorherige Arbeit bei Universal oder aus dem Studium. Wir haben bei nem Bierchen immer mal so rumgesponnen, als dann Heisskalt sowohl in meinem, als auch im Chimperator Orbit aufgetaucht sind, haben wir Nägel mit Köpfen gemacht.

Definiert "links und rechts von Rap": Was soll da in Zukunft passieren? Heisskalt ist ein klassischer Rockact.

Sebastian: "Heisskalt" sind zwar eine klassische Rockband, haben aber einen HipHop-Background, die Jungs hören alle Rap, sind damit groß geworden und feiern das. "Links und rechts von Rap" heißt im Grunde: das kann alles sein, von Dubstep über Indie bis hin zu Frickelmucke. So lange das eben geil ist und uns gefällt.

Jan: Das trifft es gut, rechts und links ist alles worauf wir Bock haben, ganz egal wem man es zuordnet. Was bei allen unseren Acts gleich bleibt ist ein urbanes Feeling, ein szenischer Anschluss und Leute, die leben, was sie tun, gesund gewachsen sind und auch weiter nicht auf Hype sondern Entwicklung setzen. Das bleibt alles geerdet.

Das Lied von Heisskalt geht bereits seit einem Jahr durchs Netz. Wie ist jetzt der Masterplan mit der Band?

Sebastian: Die Jungs sind im Moment im Studio und machen ihre EP fertig, gehen dann mit Jennifer Rostock auf Tour und dann gehts rund.

Jan: Punkt.

Gibt es konkrete nächste Signings?

Sebastian: Das ist geheim.

Ihr konntet zwei Leute von Major labels engagieren, eher ungewöhnlich, aber ein gutes Zeichen für euch und die Musikbranche. Was erhoffen die sich bei Euch und Ihr euch von denen?

Sebastian: Peggy unterstützt mich in Berlin vor allem als Produktmanagerin bei Die Orsons und Muso. Sie ist super und nimmt mir unglaublich viel ab. Ich denke ohne Sie wäre das Orsons Album nicht zu dem Zeitpunkt raus gekommen. Das hätten wir einfach nicht halten können. Jan kommt vom Verlag und wird sich bei uns zum einen um unser Verlagsgeschäft kümmern und zum anderen das neue Department leiten.

Jan: Das ist ein guter Punkt und ich hab mir da gar keine Gedanken zu gemacht, bevor ich nicht die Reaktionen der Leute auf meine Entscheidung erlebt habe. "Was, den Job gibst du auf!?", "Aber jetzt hast du doch gerade CRO gesignt, jetzt kann dir doch da nix mehr passieren...", "Was, du gehst von nem Major zu nem Indie?"Für mich war das ein völlig klarer und logischer Schritt. Chimperator bietet mir alles was ich möchte. Ich arbeite mit geilen Leuten, an geilen Acts, kann alles machen, worauf ich Bock habe und was ich kann. Ich bin nicht auf ein Feld beschränkt. Meine Zeit bei Universal und bei einem "Major" hat mich unglaublich viel gelehrt. Ich weiß, was da passiert, und weiß das sehr zu schätzen und verteufel das im Gegensatz zu vielen anderen nicht, das hat alles seine Berechtigung. Aber das Indies mithalten können haben die Jungs hier eindrucksvoll bewiesen, ich habe also nur dazu gewonnen.

Trotz neuen Personals: Ihr habt zwar jetzt ein gigantisches Jahr hinter euch, aber ist es nicht noch zu früh, sich auf weiteren Feldern zu bedienen? Besteht nicht die Gefahr sich zu verzetteln?

Sebastian: Die Gefahr besteht natürlich, aber wir haben das gut im Griff. Auch wenn das nach außen so aussieht als wäre der Erfolg jetzt über Nacht gekommen, darf man nicht vergessen, dass wir das Ganze schon über zehn Jahre machen und ein wirklich eingespieltes Team sind. Wir haben viele Erfahrungen und Routine über die Jahre gesammelt. Dazu ist es im Moment sehr spannend für uns und alle sind hoch motiviert. Das fühlt sich alles sehr gut und richtig im Moment an.

Jan: No risk, no fun - dummer Spruch aber wahr. Sicherheit gibt es für nichts, es gibt ein Momentum und das haben die Jungs erkannt und genutzt. Ich fühle mich geehrt ein Teil dessen sein zu dürfen und fühle mich schon jetzt als wäre ich immer dabei gewesen, das ist ein ziemlich gutes Zeichen, Zweifel habe ich keine Sekunde.