Als Kulturcafé steht das Labyrinth für integrative Kunst- und Kulturarbeit. Gemeinsam mit jungen Geflüchteten setzt das Team künstlerische Projekte um. Ein Jahr nach der Eröffnung des Cafés zieht Gründerin Patrizia Birkenberg Bilanz.

Stuttgart – Vor einem Jahr feierte die Stuttgarter Initiative Labyrinth die Eröffnung ihres Cafés und Kulturraums. Auf vier erfolgreiche Eröffnungstage folgte schnell die große Ernüchterung: Der Lockdown traf das Team unerwartet und forderte nicht nur Mut, sondern auch jede Menge Kreativität. Geplante Formate mussten vorerst auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, das Café geschlossen werden.

 

Ausnahmezustand für Gastro und Kultur

„Das war natürlich erstmal ein Schock“, erinnert sich Patrizia zurück. Eigentlich hatte das Labyrinth-Team geplant, das Kernerviertel mit künstlerischen Formaten und kulinarischen Highlights aufzuwerten – und jungen Geflüchteten den Zugang zu Kunst, Sprache und Kultur zu erleichtern.

Nicht nur im Team, sondern auch bei den Jugendlichen habe man anfangs die Unsicherheit deutlich gespürt: „Von jetzt auf gleich waren die Jugendlichen verschwunden. Unsere Arbeit, die ja vorrangig von der Jugendarbeit lebt, mussten wir neu denken und schauen, welche Hebel wir bewegen können und wie wir es schaffen, diese unter den Gegebenheiten trotzdem gut weiterzuführen“, so Patrizia.

Begegnungen im Rahmen der Möglichkeiten

Für die Projektleitenden im Labyrinth stand schnell fest: Es gibt schon genug Online-Angebote. „Aus unserer Sicht war es wichtig, weiterhin Wege zu finden, um bei den Jugendlichen trotz allem ein Gemeinschaftsgefühl hervorzurufen“, erklärt Patrizia. So entstand beispielsweise die Idee, gemeinsam im Wechsel an einer großen Figur zu arbeiten. „Auch wenn immer nur zwei Jugendliche zeitgleich anwesend sein können, spüren wir von Mal zu Mal einen wachsenden Gruppenzusammenhalt“, beschreibt es Patrizia.

Mittagstisch zum Mitnehmen

Mitte Mai letzten Jahres durfte das Kulturcafé nach Monaten des Bangens wieder seine Türen öffnen. Seitdem gibt es dort einen täglich wechselnden Mittagstisch und To-go-Angebote, die gut ankommen in der Nachbarschaft. „Wir sind sehr froh darüber, dass wir so viele Stammkunden haben, die sich unter der Woche ihr Mittagessen bei uns abholen. Sie sind es, die es uns ermöglichen, dass wir trotz Corona weitermachen können“, so Patrizia.

Schulterblick: Das Labyrinth im letzten Jahr

Im vergangenen Jahr brachte das Labyrinth mit Formaten wie Mittagskonzerten im Liegestuhl, einem kleinen Sommerfest und Vernissagen durch die Fensterscheibe ein Stück Normalität ins Viertel. Mit eigens entwickeltem Hygienekonzept bewies das Team: Auch in unsicheren Zeiten – oder gerade dann – ist es wichtig, Kunst und Kultur in unseren Alltag zu integrieren.

Auch der Kulturabend, der bereits vor Corona fester Bestandteil der Formate war, fand im Oktober in abgewandelter Form statt. „Unsere Kulturabende verbinden Kunst, Kultur und Kulinarik miteinander. Jedes Mal 'bereisen' unsere Gäste ein anderes Land. Es gibt Einblicke in die aktuelle, politische Situation vor Ort und die Kultur des jeweiligen Landes. Im Anschluss genießen sie ein länderspezifisches Drei-Gänge-Menü aus Bio-Zutaten und zum Abschluss des Abends ein kulturelles Highlight wie zum Beispiel ein Konzert. Beim letzten Kulturabend im Oktober waren wir mit allen Sinnen in Brasilien unterwegs“, erinnert sich Patrizia.

Aussichten auf den Sommer 2021

Auch in diesem Sommer will das Labyrinth sein Viertel wieder mit Projekten, Ausstellungen und Ideen beleben. „Wir versuchen, Kunst und Kultur durch unsere großen Fenster zugänglich zu machen. Das Potenzial von dem, was hier möglich ist, haben wir aber noch längst nicht ausgeschöpft“, betont Patrizia und fährt fort: „Jetzt fiebern wir auf längere Öffnungszeiten im April hin, auf die von der Stadt geplante Grünfläche direkt gegenüber von unserem Café und im Sommer auf eine kleine Ausgabe unseres Labyrinth-Straßenfestivals.“ Bleibt nur noch eines zu sagen: Wir drücken die Daumen und fiebern mit!