Nach jahrelanger Debatte hat das EU-Parlament Vorgaben für Ladestationen für Elektro-Autos verabschiedet.

Straßburg - Gut Ding will Weile haben: Es ist nun schon gut drei Jahre her, dass ein paar Männer aus dem Sauerland mit einem Bobbycar im Gepäck nach Brüssel fuhren, um zu demonstrieren, wie einfach der neue Stromanschluss funktionieren würde. Die Vertreter der Firma Mennekes aus Kirchhundem im Sauerland präsentierten damals in einem Besprechungsraum der EU-Kommission dem Energiekommissar Günther Oettinger die Vorzüge ihres Steckers für Elektroautos, mit dem das Fahrzeug nicht nur „betankt“ werden, sondern über eine Datenleitung auch kommunizieren kann. Doch es sollte noch dauern, bis die Brüsseler Behörde überzeugt war und im Januar 2013 einen Gesetzesvorschlag vorlegte, der den Mennekes-Stecker und nicht das italienisch-französische Konkurrenzprodukt zum europäischen Standard machen sollte. Und erst jetzt steht fest, dass es auch so kommt.

 

Mit großer Mehrheit hat das Europaparlament am Dienstag ein Gesetzespaket zu alternativen Antriebssystemen und der entsprechenden Infrastruktur verabschiedet. Die endgültige Festlegung auf den Stecker ist zwar nur ein Teil davon, aber doch der vermutlich wichtigste. „Viele Menschen haben sich bisher auch deswegen kein Elektroauto gekauft, weil sie Angst hatten, es nicht laden zu können“, sagte die FDP-Europaabgeordnete Gesine Meissner in der Parlamentsdebatte: Mit der neuen Infrastruktur und dem Einheitsstecker sei nun klar, dass es auch länderübergreifend keine Probleme mit dem „Tanken“ geben werde. Spätestens in drei Jahren müssen nun alle Ladestationen mit einheitlichen Steckdosen ausgestattet sein.

Entsprechend freut sich auch die deutsche Autoindustrie, die lange für das Mennekes-Modell geworben hatte. „Diese Entscheidung schafft endlich klare Verhältnisse“, sagte der VDA-Chef Matthias Wissmann. Nun hätten „Kunden und Hersteller Planungssicherheit“, was der Markteinführung der E-Autos, von denen allein die deutschen Hersteller bis Ende des Jahres 16 neue Modelle vorstellen würden, einen „zusätzlichen Schub“ beschere.

Dass die Geschäfte anziehen, merkt Mennekes-Geschäftsführer Volker Lazzaro schon länger – seit die EU-Kommission sich für ihren sogenannten Typ-2-Stecker entschieden und dies auch dem Europaparlament empfohlen hat: „Seit einem guten Jahr gibt es jetzt Investitionssicherheit.“ Die laut Lazzaro „blöde Blockade“, als sich die französische Regierung machtvoll für das Produkt der Konkurrenz einsetzte, liegt nun schon längere Zeit zurück.

2020 sollen alle Großstadtregionen erschlossen sein

Ein Grund für die Entscheidung zu Gunsten des „deutschen“ Steckers waren seine technischen Entwicklungsmöglichkeiten. Mittelfristig nämlich soll „die Elektromobilität Partner der erneuerbaren Energien werden“, wie das der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese formulierte. Geplant ist, dass die Batterien von in der Garage stehenden Elektroautos als Stromspeicher dienen können, wenn beispielsweise in der Nacht mehr Windenergie produziert als tatsächlich verbraucht wird.

Rundum zufrieden ist die Industrie mit dem Straßburger Beschluss aber nicht. Ursprünglich hatte die EU-Kommission auch eine Zahl von Ladestationen verbindlich vorschreiben wollen; beispielsweise sollten in Deutschland bis zum Jahr 2020 insgesamt 150 000 Stück installiert sein. So konkret wollten die Mitgliedstaaten sich das angesichts der noch immer unklaren Entwicklung im Bereich der Elektromobilität jedoch nicht sagen lassen. „Leider konnten wir sie davon nicht überzeugen“, bedauerte der EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Nun müssen die Regierungen bis 2016 lediglich nationale Aktionspläne zum Ausbau der Infrastruktur vorlegen und sicherstellen, dass 2020 zumindest alle Großstadtregionen voll mit den einheitlichen Ladesäulen erschlossen sind. Erst fünf Jahre später muss es dann auf dem Land so weit sein: „Die deutsche Autoindustrie bedauert dies“, so Wissmann.

Investitionen dürfte es aber auch ohne eine genaue Vorgabe geben. So hat eine Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) unter den Stadtwerken in Deutschland ergeben, dass „zukünftig der Aufbau von Ladeinfrastruktur im privaten Bereich mit 55 Prozent einen deutlichen Schwerpunkt einnehmen“ wird.