Ministerpräsident Kretschmann freut sich über den Ländervorschlag zur Neuordnung der föderalen Finanzen. Und den Steuerzahlern im Land kann’s gleich sein.

Stuttgart - Nach der Kabinettssitzung am Dienstag sparten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und dessen Stellvertreter Nils Schmid (SPD) nicht mit Eigenlob. Den Anlass bot die Einigung der 16 Länderchefs auf eine Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen. Kretschmann sprach von einem „filigranen Kompromiss“, den „historisch“ zu nennen, er nicht zögerte. „Wir haben das Problem auf viele Jahre hinaus geregelt.“

 

Finanzminister Schmid merkte an: „Wir haben die Nerven behalten und den Erfolg im Dialog errungen, nicht mit Krawall.“ Damit auch klar wurde, wenn er meinte, fügte er hinzu: „Die Klage in Karlsruhe hat 0,0 bewegt. Bayern und Hessen hatten sie 2013 beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Regierung in Stuttgart hingegen bekundete damals, auf dem Verhandlungsweg bleiben zu wollen.

Nach den Vorstellungen der Länder wird der Länderfinanzausgleich im engeren Sinne abgeschafft. Der Verteilmechanismus wird vom Jahr 2020 an komplett auf die Ebene des Umsatzsteuerausgleichs verlegt und erfolgt nach Einwohnerzahl und Finanzkraft. Die umstrittene „Einwohnerveredelung“, welche die Stadtstaaten bevorzugt, bleibt bestehen.

Die kommunale Finanzkraft wird künftig zu 75 Prozent einbezogen. Bislang sind es 64 Prozent. Das ist schlecht für Baden-Württemberg, weil es den Kommunen im Südwesten finanziell deutlich besser geht als in weiten Teilen Restdeutschlands. Unterm Strich wollen sich jedoch alle Länder mit der Reform besserstellen als zuvor.

Finanzminister Schmid rechnet für Baden-Württemberg – das einzige Bundesland, das seit seinem Bestehen jährlich in den Länderfinanzausgleich einzahlt – mit einer Entlastung von knapp einer Milliarde Euro im Jahr. Wenn aber alle profitieren, muss es einen geben, der zahlt: Für diese Rolle haben die Länderchefs den Bund vorgesehen. Der soll aus den Einnahmen des 2020 auslaufenden Solidarpakts knapp zehn Milliarden Euro entnehmen, um damit den wirtschaftlich schwachen Ländern zu Hilfe zu kommen. Laut Finanzminister Schmid trägt der Bund von den ihm aufgebürdeten knapp zehn Milliarden Euro schon jetzt 5,4 Milliarden Euro. Allerdings liefen diese Leistungen an die Länder aus und sollen nun verstetigt werden. Am Ende komme auf den Bund also lediglich eine neue Belastung von etwas mehr als vier Milliarden Euro zu.

Am Ende zahlt einer: der Bund

Kretschmann wie auch Schmid verhehlten nicht, dass sie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Plazet für die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs erwarten. Schäuble bietet bis jetzt 8,5 Milliarden Euro an. Kretschmann sagte, der Bund werde die Verhandlungen wegen einer Milliarde Euro kaum scheitern lassen. Schäuble wie auch Kanzlerin Angela Merkel hatten den Länderpakt bisher nur sehr zurückhaltend kommentiert.

Der Landesetat ist entlastet, der Steuerzahler nicht

Die CDU im Landtag hält dagegen überhaupt nichts von dem Länderkompromiss. Nach Ansicht des Vizefraktionschefs Winfried Mack handelt es sich dabei für das Land um ein Minusgeschäft. „Der vermeintliche Durchbruch bei den Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich ist für Baden-Württemberg katastrophal“, befand Mack in einer Stellungnahme. Hinter der strammen Wertung steckt die allerdings richtige Erkenntnis, dass die Neuordnung des Finanzausgleichs den Landeshaushalt zwar entlasten mag, weniger aber den Steuerzahler in Baden-Württemberg, der zu den Einnahmen des Bundes überproportional beiträgt und damit die Finanztransfers aus der Bundeskasse an die schwachen Länder stärker mitträgt, als dies nach der Einwohnerzahl angezeigt wäre.

CDU-Fraktionsvize Mack zeigte sich enttäuscht, dass es auch künftig keine Steuerhebesätze für die Länder geben wird. Solche Hebesätze jedoch, so Ministerpräsident Kretschmann, seien gegen die ostdeutschen Länder nicht durchzusetzen gewesen. Diese versagten sich der Idee, weil sie einen Steuerdumpingwettbewerb befürchteten. Dabei hätte ihnen das Recht, Steuerzuschläge zu erheben, auch bei der Sanierung ihrer Haushalte geholfen.