Das Land Baden-Württemberg will demnächst darüber entscheiden, ob es sich einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich anschließt.

Stuttgart - Baden-Württemberg will nach der parlamentarischen Sommerpause über eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich entscheiden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bedauerte am Dienstag in Stuttgart die schleppenden Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über die künftige Steuerverteilung.

 

Bislang erwäge seine grün-rote Landesregierung noch nicht, sich der Klage von Bayern und Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anzuschließen. Aber er ergänzte: „Ob das nach der Sommerpause, wenn bis dahin nichts passiert, auch noch unsere Haltung sein wird, wird man sehen.“ Ähnlich äußerte sich Kretschmanns Stellvertreter, Finanzminister Nils Schmid (SPD). „Wir haben immer gesagt, dass wir zunächst auf Verhandlungen setzen“, sagte er. „Zugleich haben wir uns diese Möglichkeit (der Klage) aber bewusst immer offengehalten und werden diese Option im Zweifel auch ziehen.“ Die Opposition hält eine Klage für überfällig.

CDU-Fraktionschef Guido Wolf und CDU-Landeschef Thomas Strobl kritisierten, die Landesregierung habe vier Jahre unnütz verstreichen lassen. „Wir haben den Klageweg von Anfang an als die einzig wirklich zielführende Alternative bei der Neugestaltung der Bund-Länder-Beziehung angesehen“, meinte Wolf. Strobl ergänzte: „Leider muss man Grün-Rot zum Jagen tragen, wenn es um baden-württembergische Interessen geht.“

Bis 2019 soll der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden

Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: „Die grün-rote Verhandlungslösung war von Anfang an eine Illusion.“ Die Verhandlungen über die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern für die Zeit nach 2019 treten seit Monaten auf der Stelle. Bis 2019 soll der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden. Dann läuft auch der Solidarpakt für den Aufbau Ost aus. Eckpunkte sollten eigentlich schon Ende Dezember 2014 stehen.

Das klappte nicht - dann peilte die Politik bis Mitte Juni des laufenden Jahres eine Lösung an. Eine Einigung erst nach der Sommerpause gilt als noch schwieriger, weil dann Landtagswahlkämpfe anstehen und 2017 die nächste Bundestagswahl. Kretschmann sagte, er sehe nicht, dass man bei der Ministerpräsidentenkonferenz in der nächsten Woche zu einer Einigung kommen werde. „Da müsste schon jemand einen genialen Vorschlag machen. Das ist wirklich nicht nur trocken Brot, das ist wirklich Zwieback.“

Bayern und Hessen haben bereits in Karlsruhe Klage gegen das Ausgleichssystem eingereicht. Baden-Württemberg hat immer gesagt, sich eine Klage offenzuhalten für den Fall, wenn man sich auf dem Verhandlungsweg nicht über eine Neuverteilung der Gelder einig wird. Baden-Württemberg gehört zu den großen Einzahlern im Finanzausgleich.

Baden-Württemberg hat schon einen Vorschlag unterbreitet

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte im April einen neuen Vorschlag zur Neuordnung präsentiert, der aber nach Einschätzung von Kretschmann auf Ablehnung stößt - insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern. Zwar könnte Baden-Württemberg gut mit dem neuen Schäuble-Vorschlag leben, sagte Kretschmann. Aber: „Meines Erachtens ist dieser Vorschlag nicht einigungsfähig.“ Der grüne Regierungschef erinnerte daran, dass auch Baden-Württemberg schon einen eigenen Vorschlag vorgelegt habe. Er forderte andere Länder auf, diesem Beispiel zu folgen und selbst zu erklären, wie man noch eine Einigung bei diesem schwierigen Thema erzielen könne.

Finanzminister Schmid beteuerte: „Wir sind solidarisch und wissen, dass die hoch verschuldeten Länder im Westen und die Ostländer Hilfe brauchen.“ Klar sei aber auch, dass Baden-Württemberg deutlich entlastet werden müsse. „Das ist Grundvoraussetzung für jede Reform.“