Die Zeit für eine Reform des Länderfinanzausgleichs läuft ab. Obwohl die Verhandlungen sehr schwierig sind, wollen der Bund und die Länder den Durchbruch schaffen.

Berlin - Seit mehr als eineinhalb Jahren verhandeln Bund und Länder schon über die Reform der Finanzbeziehungen. Der sperrige Titel sollte nicht davon ablenken, dass es um viel Geld geht. Da der bisherige Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt für den Osten 2019 ausläuft, ist die Sache eilig, um das Thema aus den Wahlen herauszuhalten. Die Ministerpräsidenten, die sich am Mittwoch auf eine Lösung verständigen wollten, vertagten sich nochmals. In der Sache gab es aber Fortschritte.

 

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor schon ausgemalt, was passiert, wenn sich Bund und Länder nicht einigen: In diesem Fall müssten die bisherigen Regeln fortgeschrieben werden. „Das wäre nicht gerade ein Ruhmesblatt für unseren Föderalismus“, sagte Schäuble im Bundestag.

Die einen agieren laut, die anderen eher leise

Tatsächlich haben daran weder der Bund noch die Geber- und Nehmerländer ein Interesse. Die Interessen sind unterschiedlich: Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die viel Geld in den Länderfinanzausgleich einzahlen, möchten entlastet werden. Die Nehmerländer, die in der Mehrzahl sind, wollen sich die Einnahmen nicht wegnehmen lassen. Die ostdeutschen Länder wiederum pochen darauf, dass für die abschmelzenden Leistungen aus dem Solidarpakt ab 2020 Ersatz gefunden wird. In dieser schwierigen Situation legt Schäuble eine schöne Summe ins Schaufenster. Der Bund ist bereit, den Solidaritätszuschlag, dessen Einnahmen dem Bund zustehen, über zehn Jahre hinweg abzuschmelzen. Da anfangs immer noch viel Geld zur Verfügung steht, will Schäuble einen Teil an die Länder abgeben. Schäubles letztes Angebot an die Länder liegt bei 8,5 Milliarden Euro jährlich.

Die Mittel würden die Länder gern einstreichen, doch sie streiten noch über den Weg. Dazu gibt es zwei Vorschläge. Mehrere unionsgeführte Länder legten unter Bayerns Führung einen Plan vor, den der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) bekanntgab. Das Konzept läuft darauf hinaus, den Länderfinanzausgleich abzuschaffen. Die CSU hat großes Interesse daran, ihren Wählern die Botschaft übermitteln zu können, dieses Ausgleichssystem zu Fall gebracht zu haben. Doch auch ihr Plan sieht vor, dass die Finanzkraft der Länder ausgeglichen wird. Diese Kompensation soll über die Umsatzsteuer erfolgen.

Doch die Idee stößt bei SPD-Länderchefs auf Ablehnung. Am Ende könnte sich eine alte Erfahrung bestätigen: Letztlich setzen sich diejenigen durch, die ihre Gedanken nicht auf dem Marktplatz ausbreiten. Dazu gehört Söder. Erfolgreicher sind oft leise Verhandlungsführer.

Noch im September soll der Kompromiss stehen

Zu ihnen zählt Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der ein durchgerechnetes Modell präsentierte. Scholz hat seine Vorschläge mit Schäuble abgestimmt, was auf Söder nicht zutrifft. Der Vorschlag Bayerns überschreitet Schäubles Limit gleich um 700 Millionen Euro. Scholz will den Länderfinanzausgleich nicht abschaffen, aber straffen: Mit dem sogenannten Umsatzsteuer-Vorwegausgleich soll eine Vorstufe des Finanzausgleichs wegfallen. Davon profitieren Länder mit großer Bevölkerung wie Nordrhein-Westfalen. In Scholz’ Modell würde das bevölkerungsreichste Land vom Nehmer- zum Geberland. Auch Baden-Württemberg hätte rund 950 Millionen Euro jährlich mehr. Benachteiligt sehen sich aber ostdeutsche Länder. Für sie plant Scholz Zuweisungen des Bundes. Das lehnten die Ostländer ab.

Noch im September soll ein Kompromiss gefunden werden. Alles deutet auf eine Gesamtlösung hin: Weil es für den Bund teuer wird, wenn Finanzfragen einzeln verhandelt werden, kommen alle Themen auf den Tisch: Flüchtlingsfinanzen, Bund-Länder-Reform, Zukunft des Betreuungsgelds und Streit über Nahverkehrsmittel. Es wird ein Paket geschnürt.