Die Abwehr schwach und vom deutschen Offensivwirbel nichts zu sehen: Mit einer schlechten Leistung hat die deutsche Nationalelf in der Stuttgarter Mercedes-Benz Arena Chile mit 1:0 besiegt.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Einfach mal auf andere Fußballgedanken kommen. Das werden sich am Mittwochabend einige VfB-geschädigte Zuschauer auf dem Weg in die Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena gedacht haben. Aus den erhofften 90 Minuten zum Genießen und Entspannen wurde aber wieder nichts. Im letzten Test vor der Nominierung des WM-Kaders am 8. Mai besiegte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Chile nach einem Tor von Mario Götze zwar mit 1:0, doch dieses Ergebnis spiegelt das Geschehen auf dem Platz völlig verzerrt wider.

 

Der Weckruf von Bundestrainer Joachim Löw, der vor der Partie ungewohnt deutlich seine Spieler in die Pflicht genommen hatte, kam entweder nicht an oder löste eine Art Schockstarre aus. Oder beides. Die deutsche Leistung war jedenfalls alles andere als überzeugend und lässt so gar keine WM-Euphorie aufkommen.

Mit sechs Spielern des FC Bayern und ohne die Nationalmannschaftsneulinge Matthias Ginter, Shkodran Mustafi, André Hahn und Pierre-Michel Lasogga (verletzt) ließ Joachim Löw seine Mannschaft ins WM-Jahr starten. Der Bundestrainer nutzte die Partie, um Philipp Lahm im Mittelfeld aufzubieten. Dass der Kapitän diese Aufgabe im zentralen defensiven Mittelfeld zur Zufriedenheit lösen kann, ist hinlänglich bekannt.

Spielfreudige Chilenen machen DFB-Abwehr verlegen

Deutlich spannender erschien da die Frage, wie sich der Dortmunder Kevin Großkreutz auf der rechten Verteidigerposition und der zum Abwehrchef beförderte Per Mertesacker schlagen würden. Nicht besonders gut, was aber für fast die gesamte deutsche Hintermannschaft galt. Lediglich Jerome Boateng war es zu verdanken, dass hinten nicht das totale Chaos ausbrach. Die spielfreudigen Chilenen stürzten die DFB-Abwehr dennoch von einer Verlegenheit in die nächste.

Philipp Lahm musste nach einem Kopfball von Arturo Vidal auf der Linie klären (9. Minute). Der ehemalige Leverkusener, der jetzt bei Juventus Turin spielt, hatte in der 26. Minute die nächste dicke Möglichkeit, die ungenutzt blieb. Zu diesem Zeitpunkt führte die deutsche Mannschaft allerdings schon mit 1:0 – und das doch sehr überraschend.

Mario Götze setzte sich nach einem Pass des beim FC Arsenal zuletzt kritisierten Mesut Özil im chilenischen Strafraum gekonnt in Szene und erzielte das Tor mit einem gefühlvollen Schuss aus zwölf Metern. Was der deutschen Mannschaft aber auch keine Sicherheit gab. Struktur und Organisation waren nicht zu erkennen, dafür viele Unzulänglichkeiten. Die von Löw so vehement geforderte WM-Form war in der Defensive noch nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Das änderte sich auch nicht, nachdem der am Knöchel verletzte Marcell Jansen durch Marcel Schmelzer ersetzt wurde.

Vom deutschen Offensivwirbel nichts zu sehen

Die zweite Hälfte begann ohne den sehr unauffälligen Miroslav Klose. Für den lange verletzten 35 Jahre alten Stürmer von Lazio Rom kam André Schürrle ins deutsche Spiel, das dadurch aber auch nicht besser wurde. Was Joachim Löw an der Seitenlinie immer wütender und seine Alarmrede im Nachhinein immer berechtigter machte. Die Abwehr schwach und vom schon häufig gezeigten deutschen Offensivwirbel nichts zu sehen – das setzte Löw sichtbar zu. Stattdessen setzten sich die Chilenen weiter in Szene. Der Schuss von Eduardo Vargas vom FC Valencia an die Unterkante der Latte in der 61. Minute machte die deutsche Führung dann noch schmeichelhafter. Und der Blick von Joachim Löw wurde noch grimmiger. Dass die deutsche Mannschaft beim Schlusspfiff dennoch als Sieger dastand, entsprang einem Zusammenspiel von Glück und der fehlenden südamerikanischen Zielstrebigkeit.

Und am Ende dieses Abends sorgten sich die VfB-Fans unter den knapp 55 000 Zuschauern nicht mehr nur um ihren Verein, sondern auch um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Es folgten Pfiffe und Per Mertesackers Einsicht: „Wir haben noch viel zu tun.“

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