Ein Mann aus Stuttgart-Möhringen hat den Lärm gemessen, der von der B 27 ins Wohngebiet schallt. Sein Ergebnis: Es ist zu laut. Er verlangt, dass sich etwas ändert.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Eine Straße sei laut, sagt Manfred Hertl-Hoch. Die B 27 sei aber zu laut. Der Möhringer spricht konkret über den Lärm im Wohngebiet Salzäcker. Er gehe gern im Körschtal spazieren, der Krach von der Bundesstraße sei dort deutlich zu hören. Hertl-Hoch fragte sich an einem der Feinstaubtage im Herbst 2018, warum trotz des Alarms Tempo 100 auf der B 27 erlaubt ist. Denn: Beschleunigen und schnelles Fahren verursache Lärm und Feinstaub. „Wir haben in Stuttgart Feinstaubalarme noch und nöcher, aber hier dürfen die Leute mit Tempo 100 rausbrettern.“

 

Andernorts, wie auf der B 10 zwischen Stuttgart und Plochingen, gelte bereits ein Tempolimit von 80. Warum also nicht auch auf der B 27?, fragt der Möhringer. Dort gilt tagsüber im Normalfall Tempo 100, es sei denn, die Anzeigetafeln sagen aufgrund des Verkehrsaufkommens etwas anderes. Aus Lärmschutzgründen müssen Autofahrer nachts Tempo 80 fahren, und für Lkw gilt immer Tempo 60.

Die Lärmwerte sind nach seiner Messung zu hoch

Im Frühsommer dieses Jahres hat Hertl-Hoch einen Schallpegelmesser auf dem Dach eines Wohnhauses an der Widmaierstraße aufgestellt, nur wenige Meter Luftlinie von der Bundesstraße entfernt. Das Messgerät kommt laut Hersteller insbesondere im Bahn-, Straßen- und Flugverkehr, aber auch bei Veranstaltungen und in Industrieanlagen zum Einsatz. „Das Gerät ist toll, weil es stur die Schallwellen aufzeichnet“, erklärt der Möhringer. Man könne im Nachhinein gut einzelne Zeiträume auswerten.

Manfred Hertl-Hoch hatte sich das Gerät vor ein paar Jahren angeschafft – für eine Lärmauswertung für einen Kunden. Beruflich hat er unter anderem mit elektrischen Netzen zu tun, in denen er die Oberschwingungen misst. Es gehe darum, den Lärm, der elektrisch verursacht werde, zu reduzieren, erklärt er. Mit dem Gerät hat er auch im Auftrag des Bürgervereins Fasanenhof im Wohngebiet den Lärm gemessen. Denn auch die Fasanenhofer leiden unter dem Krach von B 27 und Autobahn. Seine Auswertung zum Lärm im Salzäcker umfasst 30 DIN-A4-Seiten. Diese hat er auch der Stadt Stuttgart und dem Regierungspräsidium geschickt.

Laut der Richtlinie für den Lärmschutz an Straßen sind tagsüber in allgemeinen Wohngebieten 70 Dezibel zulässig, nachts (22 bis 6 Uhr) 60 Dezibel. Hertl-Hochs Schallpegelmesser hat im Juni drei Wochen lang den Lärm im Salzäcker aufgezeichnet. Das Ergebnis: Die Mittelwerte lagen tags bei etwa 65 Dezibel, also durchaus im Rahmen der Richtlinie, nachts dagegen im Mittel bei mehr als 60 Dezibel, zwischen 5 und 6 Uhr sogar zwischen 50 und annähernd 70 Dezibel.

Lärmwerte werden berechnet, nicht gemessen

Mit den Messungen des Möhringers können RP und Stadt jedoch wenig anfangen. „Nach den geltenden Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr können die vom Antragsteller durchgeführten örtlichen Schallmessungen nicht berücksichtigt werden, da sich solche Messwerte nur auf die zum Zeitpunkt der Messungen vorhandenen Schallemissions- und Schallausbreitungsbedingungen beziehen“, erläutert Anna Sendler von der Pressestelle der Stadt. „Grundsätzlich wird beim Verkehrslärm gerechnet und nicht gemessen, um eher zufällige Ereignisse, zum Beispiel Hupen und meteorologische Einflüsse, gering zu halten.“

Solche Ausreißer finden sich nämlich in Hertl-Hochs Aufzeichnungen: ein Motorrad, das mit circa 74 Dezibel über die Körschtalbrücke brettert, eine Polizeisirene, die einen Ausschlag von 78 Dezibel auslöst, Sturmgeräusche mit circa 73 Dezibel.

Nun soll ein Tempolimit kommen

Hertl-Hoch bleibt dabei, er fordert Entlastung für lärmgeplagte Anwohner – und hat selbst verschiedene Ideen. Zum Beispiel eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 60 zwischen Degerloch und Filderstadt. Doch so einfach geht das nicht: „Neben den Lärmwerten einerseits ist insbesondere auch die verkehrliche Bedeutung einer Bundesstraße für den überregionalen Verkehr andererseits zu berücksichtigen“, so Julia Christiansen vom RP. Aber: Im Zuge der Fortschreibung des Luftreinhalteplans ist auch ein Tempolimit von 80 Stundenkilometern zwischen Degerloch und dem Echterdinger Ei geplant, „vergleichbar den anderen Einfallstraßen nach Stuttgart“, sagt Christiansen.

Lärmschutzwände und Blitzer, wie sie Hertl-Hoch zudem vorschlägt, lehnen die Behörden ab. Eine Lärmschutzwand sei aus statischen Gründen nicht möglich, stationäre Blitzer nicht notwendig, sagt die Stadt nach Rücksprache mit dem Polizeipräsidium Stuttgart. Unregelmäßige Kontrollen mit mobilen Blitzern ergäben keine Auffälligkeiten.