An vielen Hauptverkehrsstraßen in Backnang ist es zu laut. Der Gemeinderat hat jüngst einem Entwurf für einen Lärmaktionsplan zugestimmt, der neue Tempolimits vorschlägt.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Es gibt keinen Spielraum, machte Backnangs Erster Bürgermeister Stefan Setzer in der jüngsten Gemeinderatssitzung klar: „Es besteht ein Rechtsanspruch auf Lärmschutz.“ Sprich: Werden an einem bestimmten Ort festgelegte Schwellenwerte überschritten, müssen die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Lärmpegel zu reduzieren und die Bevölkerung zu schützen.

 

So auch in Backnang. Dort hat die Verwaltung ein Fachbüro beauftragt, um festzustellen, wo der Verkehr zu laut ist und welche Maßnahmen helfen könnten. Den Zuschlag erhielt das Stuttgarter Fachbüro „Planung und Umwelt“. Dessen Gutachter haben die Lärmbelastungen an den Hauptverkehrsstraßen in der Stadt und ihren Ortsteilen untersucht und die Höchstwerte wie vorgeschrieben berechnet (nicht gemessen). Als Grundlage für das Gutachten dienten Verkehrszählungen, bestehende Geschwindigkeitsregelungen sowie die bauliche und topografische Situation vor Ort.

Die EU schreibt maximale Lärmwerte vor

Eine EU-Richtlinie schreibt vor, welche Lärmwerte maximal zulässig sind. Werden sie überschritten, muss die Stadt handeln. Maßgeblich für die Ermittlung der Betroffenheiten ist der lauteste Pegel an der Gebäudefassade. Eine Gesundheitsgefährdung ist nicht ausgeschlossen, wenn Anwohner mehr als 24 Stunden lang einem Durchschnittspegel von 65 Dezibel beziehungsweise 55 Dezibel zwischen 22 und 6 Uhr ausgesetzt sind. Besonderer Handlungsbedarf besteht bei Werten ab 70 Dezibel tagsüber und 60 Dezibel nachts.

Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass es in Backnang vor allem entlang der stark befahrenen Ortsdurchfahrten sowie entlang stark befahrener Straßen in der Kernstadt (Innenstadtring, Straßen in Richtung Innenstadtring) zu laut ist. Zur Linderung schlagen sie ganztägige Geschwindigkeitsbegrenzungen von Tempo 40 vor. Das Limit soll auf folgenden Strecken umgesetzt werden: der Weissacher Straße, Stuttgarter Straße (zwischen Kawag-Kreisel und Stuttgarter Straße 131), Gartenstraße und Sulzbacher Straße.

Vorschlag: Tempo 30 auf der Bundesstraße

Mit Tempo 30 noch stärker auf die Bremse getreten werden soll an folgenden Lärmschwerpunkten: den Ortsdurchfahrten Steinbach, Waldrems und Heiningen, Strümpfelbach sowie dem Dresdener Ring beziehungsweise am Berliner Ring, der Stuttgarter Straße und Blumenstraße zwischen Adenauer Platz und Kawag-Kreisel, auf der unteren Aspacher Straße sowie der Eugen-Adolff-Straße.

Dieses Tempolimit soll außerdem auf einem Abschnitt der Bundesstraße 14 in Maubach gelten. Dort soll laut Gutachten temporär eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 auf einer Länge von rund 210 Metern gelten – allerdings nur so lange, bis dort der Neubau der Bundesstraße 14 fertig ist. Danach rechnen die Gutachter mit einer Entlastung der dortigen Wohngebäude, weil die geplante neue Trasse der B 14 in Waldrems und Maubach von der bestehenden Wohnbebauung abrückt. Für den Abschnitt der B 14 im Bereich Strümpfelbach empfehlen die Fachleute hingegen dauerhaft eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 Stundenkilometer.

Auch Schallschutzfenster könnten helfen

Doch nicht nur Tempolimits sollen für mehr Lebensqualität der Anwohner führen. An bestimmten Abschnitten könnten bessere Fahrbahnbeläge (Flüsterasphalt), Lärmschutzwände und -wälle sowie ein Programm für den Einbau von Schallschutzfenstern aufgelegt werden. „Dies gilt für alle Gebäude, die selbst nach Umsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzungen Fassadenpegeln oberhalb der Sanierungswerte ausgesetzt sind“, heißt es in der Beschlussvorlage zum Lärmaktionsplan. Offen ist noch, mit welchen Kosten das verbunden wäre. Bezahlt werden müsste es aus dem städtischen Haushalt.

Bis die Maßnahmen umgesetzt werden können, ist es noch ein Stück. Zunächst verständigten sich die Backnanger Politiker nach teilweise kontroverser Diskussion bei fünf Gegenstimmen und drei Enthaltungen mehrheitlich darauf, mit dem Entwurf in die Öffentlichkeit zu gehen.

Bürger sollen sich beteiligen

In einem nächsten Schritt wird der Lärmaktionsplan für mindestens vier Wochen öffentlich ausgelegt. Dadurch wird den Bürgern und den Trägern öffentlicher Belange (beispielsweise Umweltverbände, Ämter und Busunternehmen) Gelegenheit gegeben, ihre Anregungen und Stellungnahmen zum Entwurf abzugeben. Zudem ist laut Oberbürgermeister Maximilian Friedrich auch eine öffentliche Infoveranstaltung (Termin steht noch nicht fest) vorgesehen, bei der weitere Anregungen gesammelt werden sollen. Sämtliche Kritikpunkte und Vorschläge sollen geprüft werden und gegebenenfalls in die Planung einfließen. Im Anschluss diskutiert und beschließt der Gemeinderat das endgültige Planpapier mit gewünschten Maßnahmen.

Es folgt nur noch die Überprüfung durch die Straßenverkehrsbehörde, sie muss darauf achten, dass alle im Plan enthaltenen Abwägungen ordnungsgemäß erfolgt sind. Ist das der Fall ordnet sie die Geschwindigkeitsreduzierungen an. Erst dann wird es möglich sein, die endgültigen Kosten und Zeitpläne für die empfohlenen Maßnahmen im Detail festzulegen.