Seit zehn Jahren fordert die Stadtverwaltung Tempo 100 auf der Autobahn, die ihre Stadt durchschneidet. Nun könnte daraus endlich etwas werden – dank einer kleinen Gemeinde am Bodensee.

Freiberg/Neckar - Gute Nachrichten für Freiberg am Neckar: Für lärmgeplagte Anwohner der viel befahrenen Autobahn 81 zeichnet sich nun doch eine kurzfristige Lösung ihres Problems ab. Ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf jenem Teil der Strecke, der auf Freiberger Gemarkung liegt, scheint nun doch möglich zu sein – nicht aufgrund der aktuellen Diskussion im Bund, sondern wegen eines Gerichtsurteils des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim im vergangenen Sommer.

 

„Mit dem Tempolimit haben wir eine Arznei, die kurzfristig wirkt“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Daniel Renkonen. In Briefen an das Stuttgarter Verkehrsministerium habe er das Tempolimit wieder ins Gespräch gebracht. Zuerst sei man dort sehr zurückhaltend gewesen, doch dann kam eine Zusage: Wenn die Stadt Freiberg das Tempolimit rechtsfehlerfrei in ihren Lärmaktionsplan einbaut und das Regierungspräsidium dem zustimmt, stünde der Maßnahme nichts mehr entgegen. „Der Ball liegt nun bei der Stadt Freiberg“, sagt Daniel Renkonen.

Die Stadt begrüßt die Möglichkeit

„Wir begrüßen das sehr“, sagt der Freiberger Bürgermeister Dirk Schaible – auch wenn er es persönlich schwierig findet, mit Verboten zu arbeiten. „In dieser speziellen Situation an der Autobahn halten wir das aber für geboten.“

Das Thema Lärmschutz ist in der Stadt ein Dauerbrenner. Die A 81 zerschneidet die Stadt in zwei Hälften. Zu Spitzenzeiten fahren 135 000 Fahrzeuge am Tag hier vorbei. Die Lärmrichtwerte von 60 Dezibel am Tag sowie 55 Dezibel in der Nacht werden in unmittelbarer Nachbarschaft zur Autobahn erreicht. Die Stadt forderte bereits in ihrem Lärmaktionsplan 2008 ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde – fing sich jedoch bei den Behörden Absagen ein. Vor ein paar Jahren wurde immerhin so genannter Flüsterasphalt für sieben Millionen Euro aufgetragen – er sollte die Lärmbelastung um vier Dezibel senken. Das streckenbezogene Tempolimit könnte nun ein weiteres Dezibel bringen, so Renkonen.

Der Verwaltungsgerichtshof stärkte die Rechte der Kommunen

Lange war ein Tempolimit 100 nicht möglich, weil die Lärmrichtwerte nicht überschritten wurden. Doch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim im vergangenen Sommer brachte die Wende. Die Richter stärkten im Falle der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen das Recht der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber dem Landes-Planungsrecht. Soll heißen: das Interesse der Kommune, ihre Einwohner vor Lärm zu schützen, war für die Richter entscheidender als das Interesse der Verkehrsbehörde, dass der Verkehr reibungslos fließt. Das Verkehrsministerium überarbeitete daraufhin seinen Kooperationserlass zu Lärmaktionsplänen – seitdem haben Kommunen bei diesem Thema einen größeren Handlungsspielraum gegenüber den Landesbehörden.

Die Stadtverwaltung von Freiberg möchte den Lärmaktionsplan nun in der übernächsten Gemeinderatssitzung im Februar noch einmal neu formulieren lassen und dann ans Regierungspräsidium schicken. Angst, dass ein einmal eingeführtes Tempolimit den großen Plan von der Überdeckelung der Autobahn gefährdet, hat Dirk Schaible nicht: „Das steht in keiner Konkurrenz zueinander und ist nur ein erster Schritt. Da darf man auf keinen Fall stehen bleiben.“