Baden-Württemberg will das Glücksspiel neu regeln. Es gibt darüber allerdings noch einen Dissens zwischen Grün und Rot in der Landesregierung.

Stuttgart - Glücksspiel ist Glückssache? Nicht nur, es ist auch und vor allem Betätigungsfeld für Juristen. Die baden-württembergische Landesregierung hat angekündigt, ein umfassendes Landesglücksspielgesetz vorzulegen. Im Herbst, sagt Innenminister Reinhold Gall (SPD), soll es im Parlament beraten werden. Die Notwendigkeit besteht, weil 15 der 16 Bundesländer den Glücksspielstaatsvertrag renoviert haben. Er soll im Juli wirksam und durch „nähere Bestimmungen“ auf Landesebene umgesetzt und ergänzt werden. Der neue Staatsvertrag war notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof das deutsche Regime im Glücksspielwesen moniert hatte.

 

Das grün-rote Glücksspielgesetz soll das wildwüchsige Spielerbiotop in einen gepflegten Rasen verwandeln. So soll zum Beispiel einerseits das Wachstum der Spielhallenbranche gebremst, andererseits aber – vielleicht – auch die Grundlage für eine vierte Spielbank im Südwesten gelegt werden. Im Gespräch ist Mannheim.

Vielleicht muss man deshalb sagen, weil sich die beiden Koalitionspartner in der Spielbanksache noch nicht einig sind. Die Sozialdemokraten sind einem weiteren Standort gegenüber eher aufgeschlossen. Es werde derzeit geprüft, „ob es ordnungsrechtlich geboten ist, eine Spielbank am Standort Mannheim zuzulassen“, sagt etwa der Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD). Die Prüfung „entspringt der Verpflichtung des Landes, ein ausreichendes Glücksspielangebot“ sicherzustellen, um dem neuen Staatsvertrag gerecht zu werden.

Die Suchtproblematik macht den Parlamentariern Sorgen

Bei den Grünen ist man zurückhaltend. „Mit mir sind alle Finanz- und Sozialpolitiker der Grünen-Landtagsfraktion gegen eine weitere Spielbank in Baden-Württemberg“, sagt der in der Grünen-Riege zuständige Abgeordnete Josha Frey. „Je mehr Glücksspielangebote verfügbar sind, umso stärker erhöht sich die Suchtgefahr für die Bevölkerung“, sagt Frey. Für die grünen Fachleute stehen „die sozialpolitischen und ordnungsrechtlichen Vorgaben beim Glücksspiel im Vordergrund“.

Die Suchtthematik ist ein Auslöser des Paragrafentextens. Die europäische Rechtsprechung gibt grob gesagt vor, dass gesetzliche Regulierungen im Glücksspielgeschäft nur dann zulässig sind, wenn der Staat ein höheres Ziel verfolgt; sonst muss der Markt für alle frei gegeben werden. Die Bevölkerung vor den Gefahren der Spielsucht zu schützen ist dieses höhere Ziel, das Bund und Länder vorgeben. Aber wie geht das? Indem man Spielangebote möglichst erst gar nicht macht, sagen die einen. Indem man den Trieb der Menschen kanalisiert und sie in beaufsichtigte Spielstätten holt, so dass sie nicht in die Illegalität von Hinterzimmern oder des Internets anwandern müssen. Das sagen die anderen.

Unter Suchtaspekten rücken die Spielhallen ins Blickfeld. Das Automatenspiel in den konzessionierten Spielbanken ist massiv eingebrochen. Die Hälfte dieses Geschäfts, das einmal 75 Prozent des Umsatzes brachte, ist weggefallen, ist ins Internet oder in Spielhallen abgewandert. Inzwischen überweisen einige Casinos nicht nur kein Geld an den Staat, sondern sie werden mit Steuermitteln am Leben gehalten.

In Baden-Württemberg ist das anders. Allerdings sind die Abgaben an die öffentliche Hand auch hier deutlich geschrumpft. Führte die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH 2006 noch 88,8 Millionen Euro an den Landeshaushalt ab, werden 2012 nur noch 37,7 Millionen erwartet. Von einem neuen Standort in Mannheim verspricht man sich dennoch Gewinn, weil die in dem Raum lebenden Spieler ins pfälzische Bad Dürkheim oder ins hessische Wiesbaden fahren. Diese Standorte würden also leiden, lautet die Erwartung.

Für Spielhallen soll ein Verbot von Mehrfachkonzessionen gelten

Müssen sich Grüne und Rote bei der Bewertung der Spielbanken noch zusammenraufen, herrscht Einigkeit – bis hinein ins christdemokratische Lager – in dem Ziel, das Wachstum der Spielhallen zu stoppen. „Gerade von den Automatenspielgeräten geht das größte Suchtpotenzial mit jährlich circa 225 Millionen Euro sozialen Folgekosten aus“, sagt Josha Frey.

Die Regelungen, die zwischen Finanz- und Innenministerium ersonnen werden, sind denn auch restriktiv. In Kneipen und Restaurants sollen nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden dürfen. Auch sollen die Lokale eine Mindestgröße vorweisen.

Für Spielhallen soll es ein Verbot von Mehrfachkonzessionen geben. Mehrere Hallen in einem Haus wären dann nicht mehr möglich. Es soll einen Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen von 250 bis 300 Meter geben. Derzeit darf eine Spielhalle höchstens zwölf Geräte aufstellen. Betreiber ziehen darum in eine Immobilie einfach Zwischenwände ein, um mehrere Spielhallen zu erzeugen. Die Hallen sollen künftig einen Mindestabstand zu Schulen und Jugendeinrichtungen einhalten. Dort sollen auch keine Bankautomaten mehr stehen, an denen sich Spieler neu munitionieren können. Beim Betreten der Halle soll der Ausweis vorgezeigt werden müssen. Spielhallen sollen schließlich wie Spielbanken an die zentrale Sperrdatei angeschlossen werden. Dort können sich Süchtige eintragen und für den Besuch einer Spieleeinrichtung sperren lassen.

Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause ins Kabinett, sagt Rust. „Ziel ist es, dass das Landesglücksspielgesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten wird.“